(ots) - Na klar, die EU-Kommission hat durchaus ein
Argument, wenn sie es für wünschenswert erklärt, dass Anteilseigner
Verantwortung übernehmen. Denn natürlich ist es unklug, wenn
Aktionäre blindes Vertrauen in Vorstände haben - zumal es jede Menge
Interessensunterschiede zwischen Managern und Eigentümern gibt. Es
hat daher gewiss Vorteile, wenn Anteilseigner sich einmischen statt
bloß hinzunehmen, was ein Vorstand entscheidet, wenn sie also aktiv
sind statt passiv. Immerhin heißen sie ja Aktionäre, nicht
Passionäre.
Insofern ist es richtig, dass sich die EU-Kommission in ihrer
regulatorischen Gesamtschau in Reaktion auf die Finanzkrise nicht nur
Kapitalanforderungen und Marktinfrastrukturen vornimmt, sondern auch
Corporate Governance und Aktionärsrechte. Und es ist ebenfalls
nachvollziehbar, wenn sie überlegt, wie der europäische Gesetzgeber
das Engagement der Anteilseigner in Unternehmen stärken kann. Denn
daran, dass mancherorts ein exzessives Risiko eingegangen und ein zu
großes Rad gedreht wurde, sind nicht bloß Vorstände schuld, sondern
auch Aufsichtsräte und Hauptversammlungen, die sie gewähren ließen.
So weit, so gut.
Der Gesetzesvorschlag, den die EU-Kommission gerade vorbereitet,
sieht allerdings Maßnahmen vor, die über diese Ziele hinausschießen -
und die einen Preis haben. So erhalten die Anteilseigner Rechte, die
in der Praxis Aufwand und Zeitverzug bedeuten. Falls die
Vorstellungen der EU-Behörde tatsächlich Gesetz werden sollten,
dürften beispielsweise Geschäfte zwischen Mutter- und Tochterfirmen
Monate brauchen, weil sie abgesegnet werden müssen. Oder: Falls
Aktionäre einen Vergütungsplan ablehnen, würde umgehend eine
außerordentliche Hauptversammlung nötig. Zudem ziehen die
umfassenderen Rechte der Aktionäre automatisch Pflichten nach sich -
von institutionellen Anlegern, Stimmrechts- oder Vermögensberatern.
Gewiss, manche der Vorschläge, etwa der Vergleich von Managergagen
mit Gehältern einfacher Beschäftigter, mögen beim breiten Publikum
gut ankommen. Ob aber gerade sie geeignet sind, um kurzfristiger
Zockerei vorzubeugen, ist zweifelhaft. Auch ist fraglich, ob die
EU-Kommission nicht wegen schlechter Erfahrungen in angelsächsischen
Unternehmen einen ungerechtfertigten Argwohn gegen den Aufsichtsrat
als Kontrollinstanz entwickelt hat. Vieles von dem, was vorgeschlagen
wird, scheint nur dann sinnvoll, wenn man arges Misstrauen gegen
Aufsichtsräte hat. Das ist gewiss eine sehr Brüsseler Sicht der
Dinge.
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