(ots) - Sepp Blatter ist ein alter Herr, dem viele
ziemlich viel Böses zutrauen. Der kleingewachsene Mann mit dem
schütteren Haar und dem drolligen Akzent eignet sich ideal zur
Hassfigur. Warum aber schenken wir einem einzelnen Mann so viel
Aufmerksamkeit? Steckt dahinter vielleicht der Wunsch, alles möge
wieder gut werden? Dass es weitergehe in der Fußballwelt, wenn denn
einige Funktionäre in die USA ausgeliefert würden und man Blatter
aufs Altenteil ins Wallis schickt?
Doch so wird es nicht sein.
Denn die Frage, ob und wann Blatter abtritt, ist nicht so wichtig,
wie sie im Moment scheint. Es geht um viel mehr als um einen
Fußballkongress in Zürich, bei dem ein Schweizer oder sein
jordanischer Herausforderer gewählt werden. Es geht um die Zukunft
des Fußballs. Wie viel Macht sollen jene haben, die den Fußball nur
verwalten? Wie viel Einfluss haben solche, die am Fußball in erster
Linie verdienen? Und wo bleiben bei alledem wir, die Freizeitkicker,
die Sportschau- oder Sky-Gucker und all die Gelegenheitsfans?
Was seit zwei Tagen in Zürich geschieht, dürfte bald als
Drehbuchvorlage für einen Thriller dienen. Weil die Ereignisse im
Baur au Lac und in der Fifa-Zentrale am Zürichberg all das bieten,
was ein Thriller braucht: Intrige, Weltpolitik, Geld, und dann noch
Kantonspolizisten, die erzählen können, wie sie morgens um 6 Uhr an
die Tür einer Hotelsuite klopften und Welten zum Einsturz brachten.
Dieser Mittwochmorgen hat aber auch die Schweiz verändert. Die
jahrzehntelange Gleichgültigkeit der helvetischen Justiz und Politik
gegenüber dem weltweit agierenden Fußballverband schuf erst den
Freiraum für das Spiel der alten Fifa-Männer, die selber seit Jahren
gegen keinen Fußball mehr getreten haben. Hätte Bern nicht weg
geschaut so wie früher, als Diktatoren ihre Fluchtgelder dort
bunkerten, hätten die Fußball-Mafiosi nicht mitten in Europa schalten
können.
Aber ganz offensichtlich schaut Bern nun hin. Genau darin könnte
im großen Zürcher Durcheinander die Chance für einen Neuanfang
liegen.
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