(ots) - Das hat es in Deutschland noch nicht gegeben.
Bislang haben Gerichte bei Zweifeln am verfassungsmäßigen Ablauf von
Wahlen und am Zustandekommen von parlamentarischen Mehrheiten zwar
auch schon reagiert. Die Konsequenzen aber immer erst für die nächste
Legislaturperiode eingefordert. Oder sie haben das Verfahren so lange
hingezogen, dass die aktuelle Wahlperiode nicht mehr betroffen wurde.
Nicht so in Schleswig-Holstein: Dort hat das Landesverfassungsgericht
das Verfahren mit den Überhangmandaten nun für verfassungswidrig
erklärt. Das Gesetz muss bis Mai 2011 neu geschrieben und bis
September 2012 neu gewählt werden. Eine lange Zeit. Doch hat das
Urteil konkrete Auswirkungen auf die aktuelle Tagespolitik.
Juristisch stellt das Gericht zwar fest, dass Parlament und Regierung
"volle Handlungsfähigkeit" bis zu Neuwahlen besäßen. Politisch sieht
das aber ganz anders aus. Wie will ein Ministerpräsident Peter Harry
Carstensen angesichts dieser Entscheidung glaubwürdig regieren, wie
einen harten Sparhaushalt durchsetzen bei sowieso nur einer Stimme
Mehrheit von Schwarz-Gelb im Kieler Landtag? Die Amerikaner würden
den Regierungschef als "Lame Duck" als "lahme Ente" bezeichnen, die
nicht mehr entscheidungs- und nicht mehr handlungsfähig ist. Wie er
sich durch das Urteil bestärkt sehen kann, ist sein Geheimnis. Wenn
Carstensen seinem Land einen letzten Dienst erweisen will, sollte er
die Arbeit am neuen Wahlgesetz zügig auf den Weg bringen und
spätestens für den kommenden Früh-Sommer Wahlen anstreben. Auch
seiner Partei würde er damit helfen. Denn es könnte sein, dass die
Wähler einen sauberen Umgang mit der Situation mehr belohnen als
monatelange Tricksereien, die nun drohen. Von solchen Winkelzügen hat
Schleswig-Holstein in jüngster Geschichte genug erfahren.
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