(ots) - Die Geister, die er rief
Für den türkischen Premier Recep Tayyip Erdogan wird es eng. Die
Proteste der jungen Gezi-Park-Demonstranten im Sommer hat er noch
weitgehend unbeschadet überstanden. Ausgerechnet seine ehemals
treuesten Verbündeten drohen den "Sultan von Ankara" jetzt aber vom
Sockel zu stoßen.
Es waren wohl Staatsanwälte der islamischen Gülen-Bewegung, die
durch die Festnahme der drei Söhne von Ministern aus Erdogans
Kabinett die Staatskrise ausgelöst haben. Der Kopf der Bewegung ist
der in den USA lebende Prediger Fethullah Gülen. Lange Zeit galt er
als die graue Eminenz hinter Erdogan. Ohne seine Unterstützung wäre
der beispiellose Aufstieg des Mannes aus einem Istanbuler
Arbeiterviertel wohl gar nicht möglich gewesen. Doch in den
vergangenen Monaten begann die Allianz zu bröckeln. Selbstherrlich
versuchte Erdogan, die Aktivitäten der Bewegung in der Türkei
einzuschränken.
Doch die Geister, die er rief, wird er wohl so leicht nicht mehr
los. In dem Glauben, seine Macht so absichern zu können, hat er
selbst über die Jahre viele der von Vertretern der kemalistischen
Elite gesäuberten Positionen mit Anhängern der Gülen- Bewegung
besetzt. Selbst in der AKP ist sie durch eine starke Fraktion
vertreten. Dazu gehört auch Staatspräsident Abdullah Gül. Die neue
islamische Elite der Türkei steht vor einer Zerreißprobe. Gül könnte
am Ende der Gewinner sein.
Waltraud Messmann
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