(ots) - Europawahl-Programm entzweit die Linken
Wagenknecht verteidigt EU-kritischen Entwurf - Streit um
"Militarisierung"
Osnabrück.- Der interne Streit der Linkspartei um das
Europawahlprogramm geht in eine neue Runde. In einem Gespräch mit der
"Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitag) verteidigte
Bundestagsfraktionsvize Sahra Wagenknecht im Grundsatz den Entwurf
des Parteivorstandes, in dem die EU als "neoliberale, militaristische
und weithin undemokratische Macht" bezeichnet wird. Fraktionschef
Gregor Gysi dringt dagegen auf Änderungen. Wagenknecht betonte:
"Merkwürdigerweise werden jetzt in der Partei auch Forderungen
kritisiert, die wir im Grundsatzprogramm stehen haben, beispielsweise
die Forderung nach dem Austritt Deutschlands aus den militärischen
Strukturen der Nato." Die Linken seien aber eine Partei, die Kriege
ablehne: "Und natürlich wollen wir dann auch nicht, dass Deutschland
faktisch gezwungen wird, die von den USA geführten Angriffskriege
mitzumachen." Der Austritt aus den militärischen Strukturen der Nato
sei im Ãœbrigen nichts Sensationelles: "Frankreich etwa war von 1966
bis 2009 draußen." Wagenknecht kritisierte zudem, dass die EU sich
militarisiere. So sei auf dem letzten Gipfeltreffen
Rüstungskooperation und Aufrüstung wieder mal zentrales Thema
gewesen. Mehr Rüstungsausgaben seien aber das Letzte, was die EU
brauche. Fraktionschef Gregor Gysi hatte die Präambel des
Wahlprogramms mit der Kritik an der EU als "nicht ganz gelungen"
bezeichnet und betont: "Ich bin sicher, dass da noch etwas geändert
wird." Gysi kritisierte auch die Forderung nach Austritt aus den
militärischen Strukturen der Nato. "Das ist mir zu national gedacht",
sagte er. "Das hieße ja, die Nato bleibt wie sie ist, nur Deutschland
nimmt nicht mehr daran teil." Gysi sprach sich stattdessen dafür aus,
die Auflösung der Nato und die Gründung eines neuen Systems für
Sicherheit und Zusammenarbeit zu fordern. Bei der Europawahl am 25.
Mai wollen die Linken nach den Worten von Wagenknecht ihr
Bundestagswahlergebnis (8,6 Prozent) wiederholen und es nach
Möglichkeit auszubauen. Sie betonte: "Wir müssen verhindern, dass die
berechtigte Ablehnung, die viele Menschen den Brüsseler Institutionen
entgegenbringen, von reaktionären und rechtspopulistischen Parteien
ausgenutzt wird. Diese Gefahr ist sehr groß. Da brauchen wir ja nur
in unser Nachbarland Frankreich zu gucken." Die Linke will auf einem
Parteitag am 15. und 16. Februar über das Europa-Wahlprogramm
entscheiden. Der niedersächsische Bundestagsabgeordnete Diether Dehm
hat für den Hamburger Parteitag einen Gegenentwurf vorgelegt, der
noch deutlich EU-kritischer als der des Vorstands ist.
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