(ots) - Die wachsende soziale Ungleichheit
untergräbt demokratische Prozesse, sowohl in Industrie- als auch in
Schwellen- und Entwicklungsländern. Das ist das Ergebnis eines
Berichtes zur Einkommens- und Vermögensungleichheit, den Oxfam heute
kurz vor Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos veröffentlicht. In
"Working for the Few" warnt die Nothilfe- und
Entwicklungsorganisation davor, dass wohlhabende Eliten weltweit die
Politik zu ihren Gunsten beeinflussen und wirtschaftliche Spielregeln
in ihrem Sinne manipulieren.
Heute besitzt ein Prozent der Weltbevölkerung fast die Hälfte des
Weltvermögens. Die 85 reichsten Menschen besitzen ebenso viel wie die
ärmere Hälfte der Weltbevölkerung zusammen.
Oxfam fordert die Regierungen auf, dringend zu handeln, um den
Trend umzukehren und appelliert gleichzeitig an die Teilnehmer/innen
des Weltwirtschaftsforums in Davos, konsequente Selbstverpflichtungen
zur Lösung des Problems einzugehen.
Winnie Byanyima, Geschäftsführerin von Oxfam International, wird
am Weltwirtschaftsforum teilnehmen. Sie sagt: "Wir können nicht davon
ausgehen, den Kampf gegen die Armut ohne den Kampf gegen die
Ungleichheit zu gewinnen. Durch die Ausweitung der Ungleichheit
entsteht ein Teufelskreis, wodurch sich Reichtum und Macht immer mehr
in den Händen einiger weniger konzentrieren. Wir leben - in
Industrie- und Entwicklungsländern gleichermaßen - zunehmend in
Gesellschaften, in denen die niedrigsten Steuersätze, die beste
Gesundheitsfürsorge, die beste Bildung und die größten
Einflussmöglichkeiten den Reichen und ihren Kindern vorbehalten sind.
Bekämpfen wir diese Ungleichheit nicht gezielt, werden Privilegien
und Benachteiligungen von Generation zu Generation weitergegeben.
Chancengleichheit wird dann nur noch ein Traum sein. In zu vielen
Ländern funktioniert das Wirtschaftswachstum immer mehr nach dem
Prinzip The winner takes it all."
Sechs-Punkte-Selbstverpflichtung für Davos-Teilnehmer/innen
Deshalb schlägt Oxfam eine Sechs-Punkte-Selbstverpflichtung vor
und fordert die Teilnehmer/innen des Weltwirtschaftsforums auf,
1)... eine progressive Besteuerung zu unterstützen und selbst alle
ihre Steuern zu zahlen und keine Steuervermeidung/Steuerflucht zu
betreiben.
2)... darauf zu verzichten, ihren Reichtum einzusetzen, um
politische Gefälligkeiten zu ersuchen, die den demokratischen Willen
ihrer Mitbürger/innen untergraben.
3)... alle Investitionen in Unternehmen und Stiftungen, deren
wirtschaftliche Eigentümer (beneficial owner) sie sind, zu
veröffentlichen.
4)... ihrerseits die Regierungen aufzufordern, Steuereinnahmen für
die allgemeine Gesundheitsversorgung, Bildung und Sozialversicherung
ihrer Bürger/innen einzusetzen.
5)... einen existenzsichernden Lohn (living wage) in allen
Unternehmen, die sie besitzen oder kontrollieren, einzuführen.
6)... andere Mitglieder der Wirtschaftselite aufzufordern, sich
diesen Zusagen ebenso zu verpflichten.
Gleichzeitig fordert Oxfam die Regierungen auf, konsequent - auch
im Rahmen der G20 - gegen unrechtmäßige Steuer- und Bankgeheimnisse
sowie Steuervermeidung und Steuerflucht vorzugehen und in öffentliche
Bildung und Gesundheitsfürsorge für alle zu investieren. Zudem
sollten die Regierungen als Teil der Post-2015-Entwicklungsziele für
jedes Land die Bekämpfung der extremen Einkommens- und
Vermögensungleichheit vereinbaren.
Zu den Ergebnissen des Berichts:
-Schätzungen gehen davon aus, dass die reichsten Personen und
Unternehmen weltweit 21 Billionen US-Dollar in einem globalen Netz
aus Steueroasen vor den Steuerbehörden verstecken.
-In den USA korrelieren Jahre der finanziellen Deregulierung
direkt mit einem Einkommenswachstum des obersten einen Prozents der
Bevölkerung - sein Anteil am Gesamteinkommen ist so groß wie seit dem
Vorabend der Großen Depression nicht mehr.
-In Indien hat sich die Zahl der Milliardäre in den letzten zehn
Jahren verzehnfacht, begünstigt durch ein höchst regressives
Steuersystem und die Tatsache, dass die Reichen ihre Verbindungen zur
und in die Regierung ausnutzten, während die Ausgaben zur
Armutsbekämpfung auf bemerkenswert niedrigem Niveau verharren.
-In Europa wurden - unter großem Druck der Finanzmärkte, deren
reiche Investoren von staatlichen Rettungsmaßnahmen für die Banken
profitierten - Sparmaßnahmen auf dem Rücken der Einkommensschwachen
und des Mittelstandes durchgesetzt.
-In Afrika missbrauchen internationale Unternehmen - besonders
aus dem Rohstoffsektor - ihren Einfluss, um Steuern und Abgaben zu
vermeiden und beschneiden dadurch die Ressourcen, die den dortigen
Regierungen zur Armutsbekämpfung zur Verfügung stehen.
Laut Oxfam-Bericht wächst weltweit das Bewusstsein über dieses
Einkommens- und Machtgefälle. Meinungsumfragen in Brasilien, Indien,
Südafrika, Großbritannien, Spanien und den USA zeigen, dass in diesen
Ländern die Mehrheit der Befragten glaubt, die Gesetze seien
zugunsten der Reichen gemacht.
Der Bericht Working for the Few kann hier heruntergeladen werden:
http://www.oxfam.de/working-for-the-few
http://www.oxfam.de/working-for-the-few-summary
Winnie Byanyima, Geschäftsführerin von Oxfam International, steht
in Davos für Interviews zur Verfügung.
Pressekontakt:
Matt Grainger: E-Mail: matt.grainger(at)oxfaminternational.org, Mobil:
+44 (0)7876476403
Tobias Hauschild, E-Mail: thauschild(at)oxfam.de, Mobil: 0176 227 40800
Jörn Kalinski; E-Mail: jkalinski(at)oxfam.de, Mobil: 0171 83 60631