(ots) - Land am Abgrund
Nun, da in der Ukraine die Schwelle zur tödlichen Gewalt
überschritten ist, übt sich die Staatengemeinschaft in hektischem
Aktionismus. Weitere Organisationen sollen Vermittler schicken,
Forderungen nach Sanktionen werden laut, der ehemalige
Sowjetpräsident Michail Gorbatschow will die Angelegenheit gar von
Moskau und Washington verhandelt wissen, beinahe, als befände man
sich in den 80er-Jahren, in denen Gipfeltreffen der Supermächte als
Maß der Dinge in Sachen Krisenbewältigung galten. Fakt ist: Die
Ukraine steht am Abgrund. Ein Bürgerkrieg ist kein diffuses Risiko
mehr, sondern reale Gefahr; und die steigt rasant, wenn in dieser
explosiven Lage auch noch mit Ultimaten agiert wird. So gießt
Polit-Dilettant Vitali Klitschko Öl ins Feuer, statt für Beruhigung
zu sorgen. Ohnehin ist unklar, ob er dazu noch die Autorität hätte.
Die inhaftierte Ex-Premierministerin Julia Timoschenko hätte sie,
wählt aber die Rolle der Scharfmacherin. Die Staatsführung wiederum
hat gezeigt, dass sie zum Einsatz von Schusswaffen bereit ist. Rasche
Neuwahlen unter internationaler Beobachtung könnten die Katastrophe
vielleicht noch abwenden. Das Land braucht eine Regierung, die sich
auf demokratische Legitimation stützen kann. Zwar verfügt auch
Präsident Viktor Janukowitsch über eine solche, nach den
Todesschüssen aber sollte das Volk entscheiden dürfen, ob sie noch
Bestand hat.
Maik Nolte
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