(ots) - Mantel der Behäbigkeit
Welch ein schwacher Auftakt! Als würde sie von ihrer eigenen Wucht
erdrückt, startete die Große Koalition in das Arbeitsjahr. Mit einer
Regierungserklärung, die neue Gedanken komplett vermissen ließ,
wickelt Angela Merkel ihren ersten großen Auftritt unter
schwarz-rotem Vorzeichen ab. Die Soziale Marktwirtschaft als Kompass,
der Mensch im Mittelpunkt und die Energiewende als Herkulesaufgabe,
die Kanzlerin macht sich wenig Mühe, alte Botschaften originell zu
verpacken. Ihr Vize Sigmar Gabriel, der heute im Bundestag die
Wirtschafts- und Energiepolitik vorstellt, wird mächtig auftrumpfen.
Mit einer Politik des "Weiter so" will Merkel die dritte
Amtsperiode prägen. Bisher hat sie damit Erfolg gehabt. Doch eine
SPD, die an den Gittern des Kanzleramtes rüttelt (gedanklich
jedenfalls), wird die Union schon treiben. Zu schnell sieht dann
Gelassenheit nach Stillstand aus, verhängnisvoll für die Schwarzen,
die im dicken Mantel der Behäbigkeit zu ersticken drohen.
Aber auch der neue SPD-Fraktionschef Oppermann, einer der
schärfsten Wahlkämpfer gegen die Union, hat seine Rolle noch nicht
gefunden. Weil er sich den früheren Biss verkneifen muss, flüchtet er
in Worthülsen. Wie schade. Sehr unfreundlich wirkt, wie die
Opposition abgefertigt wurde. Als die Fraktionschefs der Linken und
der Grünen sprachen, leerte sich das Parlament. Das ist nicht neu,
wenn aber Union und SPD 80 Prozent der Sitze halten, fällt der Exodus
aus Desinteresse sehr krass auf.
Beate Tenfelde
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: +49(0)541/310 207