(ots) - Gute Miene, böses Spiel
In Angela Merkels Haut möchte man nicht stecken: Da empfängt sie
den US-Außenminister Kerry in Berlin, wohl wissend, dass die "guten
Freunde" aus Amerika jahrelang ihr Handy abgehört haben. Allein dafür
wäre eine Entschuldigung angebracht, doch die blieb aus. Vom
No-Spy-Abkommen ganz zu schweigen. Schwerer noch als der persönliche
Vertrauensverlust mag für die Kanzlerin wiegen, dass nicht nur sie
allein Opfer der wild wuchernden Spähbehörde NSA ist, sondern alle
Deutschen. Und zwar dauerhaft. Noch immer ist nicht klar, welche
unserer Mails in den USA mitgelesen, welche Computer mit
Spionagesoftware verseucht und wie viele private Daten, etwa
Telefonprotokolle, durchleuchtet werden. Ein handfester Skandal. Und
was tut Kerry? Er verweist auf raue Zeiten. Und die Kanzlerin macht
gute Miene zum bösen Spiel.
Tatsächlich bleibt ihr kaum etwas anderes übrig. Denn so sicher,
wie wir abgehört werden, so sicher ist auch, dass Wissen aus den USA
zurückfließt, auf das wir nicht verzichten können. Nehmen wir die
Anti-Piraten-Einsätze vor der Küste Somalias, die ohne
Hintergrundinformationen des US-Militärs auch für deutsche Soldaten
riskanter wären als ohnehin schon. Hoffentlich erkennen die
Amerikaner irgendwann, dass es einen Unterschied gibt zwischen
berechtigter Spionage zur Terrorabwehr und dem paranoiden Abhören
aller, Freunde inklusive. Darauf muss die Kanzlerin drängen. Zur Not
hinter den Kulissen.
Melanie Heike Schmidt
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