(ots) - Bundespräsident Joachim Gauck hat die 50.
Sicherheitskonferenz in München zum Anlass genommen, den Deutschen
ins Gewissen zu reden. Gauck steht außerhalb jeglichen Verdachts,
Militarist zu sein. Und dennoch: Als sein Vorvorgänger Horst Köhler
laut darüber nachdachte, ob man nicht wichtige Nachschub- und
Handelswege durch deutsche Soldaten schützen müsse, sah er sich durch
die Reaktion der Öffentlichkeit zum Rücktritt gezwungen. Nun sind es
gleich drei Politiker in Verantwortung, die in seltenem Gleichklang
deutsche Soldaten als Waffe der Politik ins Spiel bringen. Keiner
täusche sich in Ursula von der Leyen, die über familiengerechte
Kasernen predigt, zugleich aber mehr Soldaten in Krisengebiete
schicken will. Und Gauck hält sich in der Wortwahl an die Sprache des
Außenministers Walter Steinmeier. Deutschland sei zu groß, um die
Weltpolitik nur zu kommentieren, heißt es bei dem einen. Der andere
ergänzt, dass es mit dem selbst zuerkannten Recht auf Wegsehen nicht
getan sei. Fast 60 Jahre Frieden nach zwei Kriegen, die durch
Deutsche im einen Fall verursacht, im anderen Fall mit ausgelöst
wurden, hatten das deutsche Denken geprägt. Jetzt verschieben sich
die Maßstäbe. Es ist nicht mehr das deutsche Wesen, an dem die Welt
genesen soll, sondern Demokratie, Menschenrechte und soziale
Marktwirtschaft sind die Stars. Flankiert von der Uno-Resolution der
responsibility to protect, der Verantwortung Wehrlose zu schützen,
entwickelt sich ein neues Sendungsbewusstsein. Die Frage muss erlaubt
sein, ob das so richtig, ob das so stimmig ist. Schließlich sind die
Amerikaner in jüngster Zeit mit ihrem Konzept des nation building
gescheitert. Menschenrechte sind nicht teilbar, daher müssten wir
allen beistehen, die sich auf diese Formel berufen. Tun wir das?
Treten wir den Chinesen auf die Füße, wenn sie Minderheiten
unterdrücken, marschiert die Uno in Nordkorea ein, weil dort Menschen
in Konzentrationslager gesteckt werden? Auch in Syrien traut sich
keiner zu intervenieren. Das hat militärstrategische Gründe. In allen
drei Fällen wäre die bewaffnete Intervention eine Provokation für
einen Dritten - mit der Gefahr eines kontinentalen, vielleicht sogar
Weltkriegs. Hier wäre eine Gauck-Doktrin schon widerlegt. Die Westler
kümmern sich nur um die Kleinen, die Blockfreien, die Afrikaner zum
Beispiel. Gerade vor diesen müssen wir uns aber rechtfertigen, ob
das westliche Demokratiesystem das richtige Rezept zur rechten Zeit
ist. Der arabische Frühling ist in einen frostigen Herbst
übergegangen. In Ägypten setzen die Westler sogar auf eine
Militärdiktatur. Es ist gut, dass die Debatte um die Verantwortung
der Deutschen wieder aufgeflammt ist. Aber wir Bürger dürfen sie
nicht Politikern überlassen. Der Frage, ob die Bundeswehr weltweit
für das so genannte Gute kämpfen soll, müssen wir alle uns stellen.
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