(ots) - Nach einem vom NABU veröffentlichten
Rechtsgutachten gab es grobe Verstöße bei der Genehmigung mehrerer
Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee. Vorgaben europäischer
Umweltgesetze blieben unberücksichtigt, kritische Stellungnahmen der
Naturschutzbehörden wurden ignoriert und bestehende Wissenslücken
stets pro Windparkbau interpretiert. Der Park "Butendiek" westlich
von Sylt fällt dabei besonders negativ auf: Das Baugebiet liegt
inmitten zweier Schutzgebiete für Schweinswale und Seevögel. "Der
Streit um Butendiek belastet die gesamte Entwicklung der
Offshore-Windkraft. Es ist der Sündenfall in einer unzureichenden
Gesamtstrategie für Windenergie vom Meer", sagte
NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.
Rechtsexperten des Instituts für Naturschutz und Naturschutzrecht
Tübingen hatten sich im Auftrag des NABU am Beispiel der vier
genehmigten Parks "Butendiek, "Dan Tysk", "Amrumbank West" und
"Borkum Riffgrund II" mit der Verwaltungspraxis des Bundesamtes für
Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) auseinandergesetzt. Alle
Genehmigungsbescheide weisen danach eklatante Versäumnisse in Bezug
auf geltendes Naturschutzrecht auf und hätten in der vorliegenden
Form nicht erteilt werden dürfen. Fehlende wissenschaftliche
Untersuchungen führten stets dazu, dass Beeinträchtigungen der
Schutzgebietsziele und die Gefährdung und Störung streng geschützter
Arten ausgeschlossen wurden. Nach Meinung der Juristen steht das im
Widerspruch zur EU-Vogelschutzrichtlinie und Fauna-Flora-Habitat
(FFH)Richtlinie.
"Butendiek" gehörte zu den ersten Projekten, die in der deutschen
Nordsee entwickelt wurden. Schon 2002 wollte der NABU den Bau des
Parks verhindern, scheiterte aber, da das damalige
Bundesnaturschutzgesetz die Klagemöglichkeiten von Umweltverbänden in
der Ausschließlichen Wirtschaftzone (AWZ) nicht zuließ. Das hat sich
heute geändert.
"Der Park liegt im wichtigsten Lebensraum für Schweinswale in der
südlichen Nordsee, dem FFH-Gebiet "Sylter Außenriff". Hier werden im
späten Frühjahr die Kälber geboren und verbringen ihre ersten
Lebensmonate. Jetzt sollen dort Fundamente errichtet werden, deren
Rammung so laut ist, dass Schweinswale ihr Gehör verlieren können und
von dort vertrieben werden, " so NABU-Meeresexperte Kim Detloff. Aber
nicht nur Schweinswale sind bedroht. Auch für die seltenen Stern- und
Prachttaucher ist das Gebiet ein wichtiges Rast- und
Überwinterungsgebiet. Sie sind sehr störanfällig, meiden Windparks
großräumig und verlieren dauerhaft ihren Lebensraum, mitten im
EU-Vogelschutzgebiet "Östliche Deutsche Bucht". Das ist für den NABU
nicht nur unzumutbar, sondern ein klarer Bruch des EU-Umweltrechts.
"Das Rechtsgutachten verpflichtet uns zum Handeln. Wenn solche
gravierende Schäden an unserer Natur billigend in Kauf genommen
werden, bleibt uns nur der Klageweg", so NABU-Bundesgeschäftsführer
Miller.
Der NABU setzt sich für eine erfolgreiche Umsetzung der
Energiewende im Stromsektor ein und hält in diesem Rahmen auch einen
naturverträglichen Ausbau der Offshore-Windkraft für erforderlich.
"Wir begrüßen, dass die Bundesregierung die geplanten Kapazitäten für
Windräder auf dem Meer auf 6,5 Gigawatt Leistung bis 2020 reduziert
hat. Doch schon jetzt sind allein in der Nordsee 28 Parks mit fast
zehn Gigawatt genehmigt. Daher sollte jetzt die Chance genutzt
werden, kritische Projekte auf den Prüfstand zu stellen und ein
räumliches Gesamtkonzept für den weiteren Ausbau zu entwickeln",
forderte Miller.
Im Internet zu finden unter www.nabu.de/offshore-rechtsgutachten
Originaltext vom NABU
Pressekontakt:
Dr. Kim Cornelius Detloff, Leiter Meeresschutz, Telefon 030-284984
1626, Mobil 0152-0920 2205
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