(ots) - "Die Leiharbeit haben wir mit einem Mindestlohn
ausgestattet und jetzt weicht alles auf die Werkverträge aus, um den
gleichen Lohndumping-Prozess fortzusetzen und zu verschlimmern",
sagte der innenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion
Bündnis90/Die Grünen Volker Beck bei stern TV. Dieser Missbrauch von
Werkverträgen müsse reguliert werden: "Da muss der Gesetzgeber
nachbessern, damit er sagen kann: Das ist illegal", so Beck im
Gespräch mit Steffen Hallaschka.
Mit Blick auf die skandalösen Arbeitsbedingungen der
osteuropäischen Leergutsortierer bei Hasseröder, über die stern TV
zuvor berichtet hatte, sagte Beck: "Wer ausbeutet, der sollte auch
fliegen." Und: "Bei der Vergabe von Werkverträgen hat auch das
bestellende Unternehmen eine Sorgfaltspflicht."
Auch Manfred Tessmann von der Gewerkschaft Nahrung, Genuss und
Gaststätten erklärte im stern TV-Studiogespräch: "Das darf in
Deutschland bei Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht passieren, dass
Ungarn hierherkommen, hier ausgebeutet und dann noch um ihr Geld
betrogen werden. Das widert mich an - nicht nur als Gewerkschafter,
sondern auch als Bürger.
Akkordvorgaben nicht zu schaffen
Hintergrund des Studiogesprächs war ein stern TV-Beitrag über die
schlechten Arbeitsbedingungen von Osteuropäern, die seit Mitte 2013
in der Flaschensortierung der Brauerei Hasseröder arbeiten.
Angestellt waren sie allerdings bei einem Subunternehmer, der Firma
M&G.
"Uns wurde ein Lohn zwischen 1000 und 1200 Euro versprochen, aber
wir haben nur etwa 500 Euro verdient", sagt Laszlo Olah zu stern TV.
Laut Arbeitsvertrag bekommen er und seine Kollegen von M&G zwar einen
Stundenlohn von 6,50 Euro. Dafür müssen sie es aber schaffen, 180
große Kästen pro Stunde zu sortieren. Diese Akkordvereinbarung sei
skandalös, sagt Gewerkschafter Manfred Tessmann: "Ich habe mich in
der Branche umgehört - diese Leistungsvorgabe kann nicht geschafft
werden."
"Besonders perfide" findet der Gewerkschafter, dass die
Beschäftigten, wie sie sagen, ihren Lohn erst am Ende des Folgemonats
erhalten haben. Zudem sollen die letzten Löhne - selbst bei
fristgerechter Kündigung - gar nicht bezahlt worden sein. Das
bestätigt auch eine ehemalige Mitarbeiterin der Firma M&G: "Das war
damals eine innere Dienstanweisung von den Chefs im Büro. Letztes
Gehalt wird nicht bezahlt", sagt sie im Gespräch mit stern TV.
Mieterhöhung bei Krankheit
Für ihre Unterkunft - eine 68-Quadratmeter-Wohnung mit
Schimmelbefall, die M&G an insgesamt fünf Ungarn untervermietet hat -
musste jeder 90 Euro im Monat zahlen. Für Fehlstunden - etwa durch
Krankheit - verlangte M&G zusätzliche Mietkosten von zehn Euro. Laut
Mietvertrag konnte die Miete auch bei "Betreten der Wohnung durch
nicht der Firma angehörige Personen ohne Genehmigung" erhöht werden.
Und wer zu langsam arbeitet, wurde ebenfalls zur Kasse gebeten: "Bei
einer Erfüllungsquote unter 80 Prozent kann für den entsprechenden
Arbeitstag ebenfalls zwölf Euro Unterkunftskosten geltend gemacht
werden", heißt es im Mietvertrag.
Hasseröder selbst versichert, der Sache nachgegangen zu sein, als
sie im Sommer letzten Jahres davon gehört haben: "Wir haben unseren
Dienstleister damit konfrontiert", sagt Pressesprecher Oliver Bartelt
zu stern TV. Allerdings ist dieser Dienstleister nicht M&G. Denn: die
Hasseröder Brauerei hat die Leergutsortierung per Werkvertrag an die
Dortmunder Vogt-Gruppe vergeben. Die Vogt-Gruppe wiederum hat das
Geschäft ihrerseits an die Firma M&G abgetreten. Und während
Hasseröder für die Sortierung von 120 Kästen nach eigenen Angaben
einen Stundenlohn von 15 Euro an die Vogt-Gruppe zahlt, kriegen die
Mitarbeiter, die bei M&G angestellt sind, nur 6,50 Euro und müssen
dafür 180 Kästen in der Stunde sortieren - das sind 70 Prozent
weniger als das, was Hasseröder zahlt.
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