(ots) - Man hat den Eindruck: Es gibt die Olympischen
Winterspiele in Sotschi ab heute zweimal.
Die ersten Spiele sind die auf der politischen Ebene. Sie gehen
so: Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich Olympia gekauft
und dann für die Rekordsumme von 50 Milliarden Euro einen
Wintersportpark in den Schwarzmeer-Badeort Sotschi bauen lassen.
Hochgezogen haben die Bauten Leiharbeiter, die für einen Hungerlohn
malochen mussten. Zudem verfolgt das Gastgeberland Homosexuelle,
sperrt Systemkritiker ins Gefängnis und lebt in Angst vor
Terroranschlägen.
Die zweiten Spiele sind die, von denen die Sportler schwärmen: Sie
trainieren ein Leben lang auf diesen einen Wettbewerb hin. Wenn sie
nicht zu den ganz abgezockten Stars gehören, ist Olympia für sie das
größte Ereignis ihrer Karriere. Und dabei ist es für viele am Ende
egal, ob sie nun eine Medaille gewonnen haben oder nur dabei waren.
Sie haben sich ihren großen Traum von Olympia erfüllt.
Aber natürlich gibt es im richtigen Leben nicht zwei Olympische
Spiele, und daher werden beide Wahrnehmungen in der Realität von
Sotschi zusammenfinden müssen. Es gibt keine Garantie dafür, dass
dies funktioniert. Aber es gibt Indizien dafür, dass es funktionieren
kann.
Beispiel sind die Olympischen Spiele 2008 in Peking. Das
chinesische Regierungssystem steht ebenso lange in der Kritik wie das
russische System. Aber vor den Spielen rücken die Länder verschärft
in den Blickpunkt, sie müssen plötzlich öffentliche Kritik ertragen
und auch lernen, damit umzugehen.
Trotzdem ist es naiv zu glauben, durch die Spiele rasch eine
grundlegende Änderung zu erreichen. Es ist aber ebenso naiv, Länder
von Olympia auszugrenzen und zu glauben, dass sich damit eine
Änderung anschieben ließe. Der Boykott von Moskau ist 1980 einfach
verpufft.
Mitnehmen und überzeugen ist die bessere Variante, um
gesellschaftliche Änderungen zu erreichen. Und wenn die Begeisterung
der Fans dabei auch noch die Träume der Sportler trägt, dann merkt
man schnell: Es gibt auf dieser Welt schlechtere Dinge als Olympia.
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