(ots) - Nicht einmal exponieren hätte man sich müssen: Der
deutsche Bundespräsident Joachim Gauck, EU-Kommissarin Viviane
Reding, US-Präsident Barack Obama, sein französischer Amtskollege
Francois Hollande, der britische Premier David Cameron - sie bleiben
den Olympischen Winterspielen von Sotschi fern und begründen dies mit
Menschenrechtsverletzungen in Russland.
Und Österreichs Repräsentanten? Bundeskanzler Werner Faymann und
Verteidigungsminister Gerald Klug fahren hin. Obwohl der
Regierungschef offenherzig meint: "Es wird niemand schneller sein,
nur, weil ich auch mit applaudiere." Er begründete seine Teilnahme
nicht nur mit der Wertschätzung sportlicher Leistungen. Ein
Fernbleiben wäre das falsche Zeichen, denn auch
Wirtschaftsdelegationen fahren nach Russland. Stimmt - einige
österreichische Unternehmen haben prächtig verdient an den
Prachtbauten und der Infrastruktur, die Russlands Präsident Wladimir
Putin in eine Gegend stellen ließ, die bisher für Sommerurlaub
bekannt ist.
Wie er in Sotschi mit Handschuhen, Haube und in dicken Anorak
gehüllt bei plus sieben Grad vorbei an glitzernden Glasfassaden durch
einen Korridor von Sicherheitsleuten mit der olympischen Fackel in
der Hand lief, vermittelte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon ein
ziemlich lächerliches Bild. Ein Boykott der Olympischen Spiele von
Politikern ist Symbolpolitik. Aber solche Gesten können Wirkung
zeigen in einem Land, in dem Meinungs- und Demonstrationsfreiheit
eingeschränkt und die Rechte von Minderheiten beschnitten sind.
Wer nach Sotschi anreist, sollte die Gelegenheit nutzen, um genau
darauf aufmerksam zu machen: Der Präsident des Österreichischen
Skiverbandes, Peter Schröcksnadel, will aber genau das bei
Sportlerinnen und Sportlern verhindern. In einem Standard-Interview
meinte er: "Ich würde keinem Sportler raten, sich politisch zu
äußern. Das ist nicht sein Thema." Interessant ist auch die
Begründung: "Dass sich ein Sportler politisch äußert, kann man nicht
verlangen. Er würde nur über eine Welt reden, die nicht seine Welt
ist." Das kommt einer Entmündigung gleich - körperliche Leistungen
dürfen sie zeigen, unsere Sportler, nur denken sollten sie nicht zu
viel!
Welche Gedanken sich Schröcksnadel über Homosexualität macht,
davon zeugt eine weitere Passage aus dem Interview: "Soweit ich weiß,
ist Homosexualität in Russland nicht verboten. Es ist nur verboten,
offensiv dafür zu werben. Ich will das nicht gutheißen. Aber mir ist
es auch lieber, es wird für Familien geworben, als es wird für
Homosexualität geworben."
Wer das Herumgestottere von ÖOC-Präsident Karl Stoss im
ZiB_2-Interview verfolgte, wer denn nun nach der Absage von Benjamin
Raich Fahnenträger werden soll, wusste schon: Daniela Iraschko-Stolz
wird es nicht. Dabei wäre die Nominierung einer Sportlerin, die zu
ihrer sexuellen Orientierung und ihrer Lebenspartnerin steht, ein
Zeichen gewesen - so wie Barack Obama bewusst die lesbische
Tennisspielerin Billie Jean King für die Olympia-Delegation nominiert
hat.
Die Welt da draußen - Mandela-Begräbnis, EU-Ministerratssitzungen,
Davos - ist nicht wichtig: Es lebe der Sport! Nur nicht anstreifen,
nur niemanden irritieren - lieber Medaillen und schöne Bilder
produzieren. Im Glanz der Spiele können sich nicht nur Sportler,
sondern auch Politiker zu Hause sonnen.
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