(ots) - Zu undiplomatisch
EU-Präsident Martin Schulz hatte es nicht leicht. Eine Rede vor
dem israelischen Parlament zu halten, das ist für einen deutschen
Politiker zwar eine Auszeichnung, aber zugleich eine enorme
Herausforderung. Angesichts des Holocausts muss der Redner den
richtigen Ton finden. Und in der Knesset ebenso die historische
Verantwortung Deutschlands berücksichtigen wie die anhaltende
Existenzbedrohung für den Staat Israel. Aber es sollte auch einem
Gast erlaubt sein, offene Kritik an der Politik Israels zu üben, aber
maßvoll. Schulz, der in einer Doppelrolle als Präsident des
EU-Parlaments und als deutscher Politiker auftrat, ist dieser
schwierige Spagat nur zum Teil geglückt. Von der Sache her ist seine
Kritik an der Siedlungspolitik Israels sicher berechtigt. Denn der
Bau jüdischer Siedlungen zieht sich wie ein Krebsgeschwür in die
Palästinensergebiete. Wer diese Tatsache anspricht, muss damit
rechnen, dass radikale israelische Abgeordnete den Saal verlassen.
Diese überzogene Reaktion hat jüngst auch US-Außenminister John Kerry
erlebt. Schulz muss sich dennoch fragen lassen, ob er in Jerusalem
den richtigen Ton getroffen hat. Mehr Diplomatie wäre in der Knesset
angemessen gewesen. Zu Recht hat Nikolaus Schneider, Präses der
Evangelischen Kirche in Deutschland, kürzlich zum Nahost-Konflikt
angemerkt: "Lösen können den Konflikt nur die Konfliktparteien
selbst. Besserwisserei unsererseits verbietet sich."
Christof Haverkamp
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