(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die ägyptische
Justiz auf, die Anklagen gegen die zwanzig in einem Massenprozess
angeklagten Journalisten fallen zu lassen. Sie stehen vom kommenden
Donnerstag (20. Januar) an in Kairo vor Gericht. Acht der
Beschuldigten - darunter vier Ausländer - sitzen nach Angaben der
Justiz in Ägypten im Gefängnis, den anderen wird der Prozess in
Abwesenheit gemacht.
"Dieser Prozess markiert einen neuen Tiefpunkt für die
Pressefreiheit in Ägypten", sagte ROG-Vorstandssprecher Michael
Rediske in Berlin. "Die Art und Weise, wie Regierung und Justiz in
Ägypten normale journalistische Arbeit kriminalisieren, erinnert an
die dunkelsten Zeiten der Mubarak-Ära. Die inhaftierten Journalisten
müssen sofort freigelassen werden."
Die Generalstaatsanwaltschaft in Kairo wirft den Beschuldigten
vor, sie hätten Videobilder manipuliert, um "im Ausland den Eindruck
zu erwecken, dass im Land ein Bürgerkrieg herrsche". Damit hätten sie
einer "terroristischen Organisation" - gemeint ist die
Muslimbruderschaft des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi - helfen
wollen, die Meinung der Weltöffentlichkeit zu beeinflussen
(http://bit.ly/1hpKNUj). Den 16 beschuldigten Ägyptern wirft die
Anklage außerdem Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation
vor. Die vier Ausländer - darunter zwei Briten, ein Australier und
ein Niederländer - werden beschuldigt, die Aktivitäten ihrer Kollegen
mit Geld, Ausrüstung und Informationen unterstützt zu haben. Den
Ägyptern dürften bis zu 15 Jahre Haft drohen, den Ausländern bis zu
sieben Jahre.
Unter den Beschuldigten sind nach Angaben des Senders neun
Al-Jazeera-Mitarbeiter (http://bit.ly/1equC7j). Zu ihnen gehören der
australische Reporter Peter Greste (http://bit.ly/1b8KkRA), der Chef
des Kairoer Al-Jazeera-Büros Mohammed Adel Fahmi sowie Baher Mohammed
(http://bbc.in/1eBEzL0). Sie wurden am 29. Dezember in einem Hotel in
Kairo festgenommen.
Seit dem Sturz Mursis am 3. Juli 2013 gehen die ägyptischen
Behörden systematisch gegen Journalisten und Medien vor, die direkter
oder indirekter Verbindungen zur Muslimbruderschaft verdächtigt
werden. Al-Jazeera nimmt dabei eine herausgehobene Stellung ein: Der
Sender ist praktisch der einzige von Belang, der noch den Kurs der
Armee und der von ihr eingesetzten Ãœbergangsregierung infrage stellt
und dem Sympathien für die vor dem Putsch regierende
Muslimbruderschaft nachgesagt werden.
FESTNAHMEN, ANGRIFFE, VERLETZTE BEI DEMONSTRATIONEN
Immer wieder kommt es in Ägypten auch zu Übergriffen gegen
Reporter, die über Demonstrationen berichten. Allein bei den
Kundgebungen zum Jahrestag der Revolution am 25. Januar zählte die
ägyptische Vereinigung für Meinungsfreiheit mindestens 36 Übergriffe
gegen Journalisten, darunter Festnahmen, Verletzungen, tätliche
Angriffe und Fälle, in denen die Sicherheitskräfte Medienvertreter an
ihrer Arbeit hinderten (http://bit.ly/1gbUFMj). Immer öfter berichten
Journalisten, dass sie von aufgebrachten Menschenmengen bedrängt
werden, nachdem man sie fälschlich beschuldigt hat, für Al-Jazeera zu
arbeiten.
Am 1. Februar nahmen Polizisten den bekannten jemenitischen
Blogger und Menschenrechtsaktivisten Firas Schamsan fest, während er
bei der Kairoer Buchmesse ein Interview führte. Auslöser für das
Einschreiten der Polizei war offenbar, dass sich ein Passant an
politischen Äußerungen des Interviewpartners stieß und einen Streit
vom Zaun brach. Schamsan wird nun vorgeworfen, er habe "falsche
Nachrichten und Gerüchte verbreitet, die den öffentlichen Frieden und
die Sicherheit stören". Schon seit dem 14. August ist der
Al-Jazeera-Journalist Abdallah Al-Schami in Haft; aus Protest gegen
seine Behandlung trat er am 21. Januar in einen Hungerstreik
(http://on.fb.me/1ezA3eN).
Freigesprochen wurde Anfang Februar Mohmed Badr, ein seit Juli
inhaftierter Al-Jazeera-Kameramann. Ihm war vorgeworfen worden, er
habe sich bei den Protesten gegen den Sturz Mursis an Krawallen
beteiligt (http://aje.me/1fzX6cQ).
In der ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Ägypten auf Platz
159 von 179 Ländern. Aktuelle Meldungen zur Lage der Journalisten und
Medien in Ägypten finden Sie unter http://en.rsf.org/egypt.html.
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Silke Ballweg/ Christoph Dreyer
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F: +49 (0)30 202 15 10-29