(ots) - Digitale Behördengänge in Deutschland trotz hoher
IT-Ausgaben wenig attraktiv // Europäischer Vergleich der
E-Government-Services zeigt großen Nachholbedarf // Aktueller Bericht
des Vodafone Instituts benennt Erfolgsbedingungen für die digitale
Kommunikation zwischen Bürger und Staat // Vorreiter Estland zeigt,
wie Digitalisierung gelingen kann // Bericht benennt Kriterien:
Transparenz, Datenkontrolle, Aufbau einer flexiblen digitalen
Infrastruktur, Zeitersparnis und Nutzerfreundlichkeit für den Bürger
Die Regierungsparteien haben sich im Koalitionsvertrag das Ziel
gesetzt, innerhalb der nächsten vier Jahre die hundert wichtigsten
und am häufigsten genutzten Verwaltungsleistungen im Internet
anzubieten. Vor dem Hintergrund des globalen Ãœberwachungsskandals
stellt sich die Frage, wie dies gelingen kann. Ein vom Vodafone
Institut für Gesellschaft und Kommunikation herausgegebenes
Länder-Ranking zeigt, dass Deutschland bei der Digitalisierung von
Behördengängen im europäischen Vergleich eindeutigen Nachholbedarf
aufweist.
Die vom Zentrum für sichere Informationstechnologie Austria
(A-SIT) erstellte Analyse beleuchtet anhand ausgewählter Beispiele
die Angebotslandschaft digitaler Verwaltungsgebote in sieben
europäischen Ländern aus lebensweltlicher Perspektive. Dabei rangiert
Deutschland hinter anderen europäischen Ländern wie Österreich,
Spanien oder Estland. So sind etwa Bürgerdienste rund um die Themen
Wohnsitz, Umzug oder die Gründung von Unternehmen im Gegensatz zu den
europäischen Nachbarländern hierzulande bisher nicht online
verfügbar. Vorreiter bei der Digitalisierung öffentlicher Services
ist Estland. In einem gesonderten Bericht benennt das Vodafone
Institut die dortigen Erfolgsfaktoren und diskutiert deren
Übertragbarkeit auf andere Länder.
"In Anbetracht der jährlichen IT-Ausgaben in Höhe von 18
Milliarden Euro, das entspricht in etwa sechs Prozent des
Bundeshaushalts, ist das Angebot digitaler Services in Deutschland
enttäuschend", sagt Dr. David Deißner, Leiter Strategie und Programme
beim Vodafone Institut. Im Kontext der aktuellen Diskussion um
Datensicherheit und Privatheit gewinne die Frage nach der Gestaltung
und öffentlichen Akzeptanz von E-Government an Brisanz. "Der
vorliegende Bericht will einen Beitrag zu der Debatte leisten, wie
die Digitalisierung des öffentlichen Sektors transparent,
benutzerfreundlich, europaweit anschlussfähig und damit im Interesse
der Bürgerinnen und Bürger gestaltet werden kann." Auf Grundlage
ausführlicher Interviews mit E-Government-Experten aus Politik,
Wirtschaft und Wissenschaft und den Gestaltern von "E-Estonia" werden
Maßnahmen und Beispiele benannt, die auch andernorts zum Erfolg von
E-Government beitragen können.
- "Online-Bonus" gewähren: Um die Nutzung digitaler Dienste zu
fördern, sollten Anreize gesetzt und Belohnungen vergeben werden,
etwa eine schnelle Bearbeitung von behördlichen Vorgängen, wenn diese
online abgewickelt werden. Zudem sollten verschiedene, einfach
bedienbare Authentifizierungssysteme, auch über mobile Endgeräte,
bereitgestellt werden, um den Zugang zu Bürgerportalen zu
erleichtern. Zusätzliche Kosten für den Bürger sollten vermieden
werden.
- Mehr Datenkontrolle und "Open Government": Die Akzeptanz von
staatlichen Online Angeboten steigt, wenn nachvollziehbar ist, wann
und aus welchen Gründen Behörden die eigenen Daten eingesehen und
verarbeitet haben. So können Bürger in Estland beispielsweise online
prüfen, wann - etwa im Rahmen einer Routinekontrolle - die Polizei
über das KFZ-Kennzeichen eigene Daten abgefragt hat. Auch
Bearbeitungsstände können online eingesehen werden. Im Gegensatz zu
papierbasierter Verwaltung gibt es zudem neue Möglichkeiten,
unerlaubte Zugriffe auf persönliche Daten nachzuvollziehen und zu
ahnden.
- Digitale Infrastruktur ausbauen: Eine zentrale Voraussetzung für
einen effektiven und kontrollierten Informationsaustausch zwischen
Bürgern und Verwaltungseinheiten ist der Aufbau einer digitalen
Infrastruktur. Das Beispiel Estland zeigt, dass die Bereitstellung
digitaler Services auch dezentral über eine "Datenstraße" möglich ist
- also ohne den zusätzlichen Aufbau großer staatlicher Datenbanken.
Dies ermöglicht etwa das teilweise automatische Ausfüllen der
Steuererklärung oder die zeitsparende Beantragung von Elterngeld.
Eine weitere Voraussetzung für die unkomplizierte
Behördenkommunikation ist die bedienerfreundliche digitale
Unterschrift, die auch über das mobile Endgerät möglich ist
(Mobile-ID).
- Attraktivität der Angebote erhöhen: Online-Services müssen so
gestaltet sein, dass sie dem Bürger einen klar erkennbaren Mehrwert
bieten. E-Government-Angebote sollten daher nicht nur vorhandene
Verwaltungsprozesse in die digitale Welt übertragen (Dokumente online
stellen), sondern Prozesse verschlanken und bündeln. Der
offensichtliche Vorteil liegt im Zeitgewinn für den Bürger:
Zusammengerechnet ermöglicht etwa die digitale Unterschrift in
Estland Zeitersparnisse im Wert von zwei Prozent des jährlichen
Bruttoinlandsprodukts.
Der Bericht unterstreicht zudem die hohe Relevanz einer
grenzübergreifend anschlussfähigen digitalen Infrastruktur in Europa.
Die digitale Unterschrift und die Nutzung bestimmter Behördengänge
über Landesgrenzen hinweg reduziere angesichts zunehmender Mobilität
Bürokratieaufwand und Kosten für Unternehmen und Bürger. Zudem sinkt
der Arbeitsaufwand auf Seiten nationaler Behörden.
Ãœber das Vodafone Institut:
Das Vodafone Institut für Gesellschaft und Kommunikation
beschäftigt sich mit der Frage, wie digitale und mobile Technologien
politische, soziale und ökonomische Teilhabe erhöhen sowie den Zugang
zu Bildung eröffnen. Als Think and Do Tank fördert das Institut den
Dialog zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Hierzu
entwickelt es eigene Projekte, initiiert Forschungskooperationen,
publiziert Studien und praktische Handlungsempfehlungen. Auf
Veranstaltungen und in digitalen Medien bietet das Institut Raum für
öffentliche Debatten.
Medienkontakt:
Christian Rapp, Leiter Kommunikation
Telefon +49 (0) 30/ 20 61 76 14, Mobil +49 (0) 174/ 334 94 00,
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