(ots) - Rettet den Präsidenten!
Das ist einmalig: Noch nie hat ein Bundespräsident wegen seiner
Wortwahl vor dem Verfassungsgericht gestanden. Joachim Gauck macht
nun den Anfang. Sein Fall dürfte schon allein deshalb
Rechtsgeschichte schreiben. Zugleich geht es um die höchst
interessanten Fragen, wie weit die Meinungsfreiheit des
Staatsoberhauptes reicht und wie wehrhaft die deutsche Demokratie
ist.
Der Bundespräsident ist zwar zu parteipolitischer Neutralität
verpflichtet. Doch zugleich hat er nur das Wort, um politisch zu
wirken. Und er ist als oberster Repräsentant des Staates
selbstverständlich gehalten, Recht und Gesetz zu schützen. Nichts
anderes hat Gauck getan, als er ausländerfeindliche Proteste in
Berlin geißelte und die Bürger zu Zivilcourage und zur Verteidigung
rechtsstaatlicher Werte aufrief.
Würde das Verfassungsgericht dem Präsidenten einen Maulkorb
verpassen, könnte es das hohe Amt auch gleich abschaffen. Das
Staatsoberhaupt darf nicht zum Grüß-August degradiert werden, sondern
muss auch künftig klare Aussagen machen dürfen.
Eine übertriebene Verpflichtung zu Neutralität, wie die NPD sie
jetzt einfordert, würde dagegen beinahe jede politische Aussage des
Präsidenten unmöglich machen, denn irgendeine Partei dürfte sich dann
fast immer benachteiligt fühlen. Schon Formulierungen wie "soziale
Kälte" könnten dann kritisch sein, wie Gerichtspräsident Voßkuhle
angemerkt hat - eine lächerliche Vorstellung.
Uwe Westdörp
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