(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert Venezuelas
Präsidenten Nicolás Maduro auf, einen Parlamentsausschuss zur
Untersuchung der Angriffe und Drohungen gegen Journalisten bei den
Protesten in dem südamerikanischen Land einzusetzen. Seit Beginn der
Demonstrationen gegen die Regierung Anfang Februar hat ROG mindestens
60 tätliche oder verbale Angriffe auf Journalisten sowie 13
Festnahmen von Reportern gezählt. Maduro hat auf die Proteste mit
Zensurmaßnahmen und dem Vorwurf der "Kriegspropaganda" gegen
internationale Fernsehsender und Online-Medien reagiert.
"Ohne schnelle Maßnahmen zum Schutz von Journalisten wird die Zahl
der Angriffe weiter steigen", schreibt ROG-Generalsekretär Christophe
Deloire in einem offenen Brief an Maduro, den die internationale
Organisation in Paris veröffentlichte (http://bit.ly/1hWaBaZ). Die
Taten dürften nicht ungestraft bleiben. Zugleich wandte sich Deloire
gegen Maduros Vorwurf, soziale Netzwerke und ausländische Sender
heizten die Konfrontation zwischen Regierung und Opposition in
Venezuela an: "Ihr Krieg gegen das, was Sie als medialen Terror
bezeichnen, ist einer der Hauptgründe für die Polarisierung der
Medien."
Die Gewalt der vergangenen Wochen richtet sich gegen Journalisten
unabhängiger wie auch staatlicher Medien. Auf eine Korrespondentin
der peruanischen Online-Zeitung El Comercio, Karen Mendez, wurde
gezielt geschossen. Auf MarÃa Iginia Silva vom venezolanischen
Privatsender Globovisión warfen Demonstranten Steine. Ein Fotograf
des staatlichen Informationsamts, Jilfredo Alejandro Barradas, wurde
während seiner Berichterstattung über die Demonstrationen durch
Schüsse verletzt. Den Sitz des staatlichen Fernsehsenders VTV griff
eine Gruppe Protestierender mit Molotowcocktails und anderen
Sprengsätzen an (http://bit.ly/1e44zNp). Viele der angegriffenen
Journalisten berichten, ihnen sei zugleich Arbeitsausrüstung
gestohlen oder beschädigt worden.
Als Reaktion auf die Proteste erklärte der Leiter der Nationalen
Telekommunikationskommission CONATEL, Berichte über die gewaltsamen
Zusammenstöße seien gemäß dem Gesetz über soziale Verantwortung von
Radio, Fernsehen und elektronischen Medien (http://bit.ly/1fWkGxR)
verboten. Daraufhin blockierten die Behörden die Ausstrahlung des
kolumbianischen Nachrichtensenders NTN24, der über die Forderungen
der Opposition berichtet hatte. Dem US-Sender CNN warf Präsident
Maduro persönlich "Kriegspropaganda" vor und drohte, ihn aus dem Land
zu werfen. Solche Maßnahmen sind umso gravierender für die
Medienvielfalt, als die meisten venezolanischen Sender bereits unter
Kontrolle der Regierung stehen.
Auf Twitter wurde nach dem Tod dreier Demonstranten für viele
Kunden des staatlichen Internetanbieters CANTV 48 Stunden lang der
Zugang zu Fotos gesperrt. Auch eine bei den Protestierenden für
Telefonate beliebte Anwendung der US-Firma Zello wurde blockiert,
ebenso offenbar die Webseite von NTN24 sowie die Seite pastebin.com,
auf der Netzaktivisten anonym Informationen austauschen
(http://bit.ly/1ep8Ob3).
Schon seit Monaten kämpfen rund 20 Zeitungen um ihr Überleben,
weil sie infolge mangelnder Devisenzuweisungen kaum Zeitungspapier
bekommen. Viele können allenfalls sporadisch oder in reduziertem
Umfang in gedruckter Form erscheinen. Medien, die über die
Mangelwirtschaft berichten, werden systematisch drangsaliert
(http://bit.ly/1cUSBJz).
Auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Venezuela auf Platz
116 von 180 Ländern. Aktuelle Meldungen zur Lage der Journalisten und
Medien in Venezuela finden Sie unter
http://en.rsf.org/venezuela.html.
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Silke Ballweg / Christoph Dreyer
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