(ots) - Gelungener Spagat
Für Joachim Gauck ist der dreitägige Aufenthalt in Griechenland
kein Schönwetter-Besuch, sondern heikel. In Athen prasselten auf den
Bundespräsidenten bereits am ersten Tag unangenehme Fragen ein, die
mit der deutschen Vergangenheit zu tun haben. Diese Fragen hängen
auch damit zusammen, dass Griechenland nach wie vor mit strengen
Reformauflagen kämpft, während die Arbeitslosigkeit enorm gestiegen
ist. Die Menschen im krisengeplagten Schuldenstaat sehen noch kein
Licht am Ende des Tunnels, viele sind verzweifelt. Ohne weitere
Milliardenzuschüsse droht der Staatsbankrott. Und weil das Land
dringend Geld braucht, verwundert der Ruf der Griechen nach 162
Milliarden Euro Entschädigung für Kriegsanleihen aus der
Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg nicht. So unterschiedlich die
Meinungen der Bevölkerung in politischen Fragen auch sonst sind: In
dieser Forderung ist sich die Mehrheit ebenso einig wie in der
Ablehnung der Deutschen. Gauck ist es gelungen, die Forderungen nach
Entschädigung abzuwehren, indem er sich als Bundespräsident schlicht
für nicht zuständig erklärte. Gleichzeitig hat er mit klaren Worten
die historische Schuld für Gräueltaten an Zivilisten anerkannt.
Beides zu tun war ein Spagat. Gauck hat ihn geschafft, weil er den
passenden Ton gefunden hat.
Christof Haverkamp
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