PresseKat - WAZ: Driftet Europa nach Rechtsaußen? - Kommentar von Ulrich Reitz

WAZ: Driftet Europa nach Rechtsaußen?
- Kommentar von Ulrich Reitz

ID: 1037711

(ots) - Marine Le Pen feiert in Frankreich Triumphe mit
ihrem Front National, Geert Wilders punktet in den Niederlanden. In
Deutschland liegt die Alternative für Deutschland, allen Flügel- und
Führungskämpfen zum Trotz, stabil bei sieben Prozent. Driftet Europa
bei der Wahl im Mai nach Rechtsaußen?

Gemach. Man kann Wilders und Le Pen vergleichen, sie dürften im
nächsten Europa-Parlament eine Fraktion bilden können. Lucke gehört
nicht in diese Kategorie. Die AfD mag eurofeindlich sein und
populistisch, aber rechtsradikal wie der Front National oder Wilders
PVV ist sie nicht. Rechtsradikale behaupten, dass ein Staat
ausschließlich von Mitgliedern der einheimischen Bevölkerung bewohnt
werden sollte. Sie ziehen ihre Nation anderen Ländern vor. Sie
punkten mit dem "ehrlichen Volk" gegen die "korrupte Elite". Sie
glauben an eine streng autoritär geordnete Gesellschaft und wollen
mutmaßliche Verstöße gegen diese Autorität hart bestrafen. Nicht
jeder, der die Euro-Rettungspolitik ablehnt oder auch aus dem Euro
aussteigen will, ist deshalb gleich rechtsradikal, auch wenn dies die
etablierten Parteien gerne hätten.

Marine Le Pens spektakulärer Erfolg (wo FN antrat, holte er im
Schnitt 15 Prozent) ist hausgemacht - vor allem ein Denkzettel für
Frankreichs Präsident Hollande. Der ist der unbeliebteste aller
französischen Präsidenten. Aus Angst vor seinem linken Flügel
verzichtet er auf Reformen à la Schröder, aus Angst vor seinem
rechten Flügel verzichtet er auf steuerlich harte Umverteilung.
Frankreich steht still, die Süddeutsche Zeitung nennt die Franzosen
"das deprimierteste Volk Europas". Le Pen wiederum hat Charisma, sie
hat in ihrer Partei die Jüngeren nach vorne geschoben und erscheint
nicht mehr so unappetitlich radikal wie ihr Vater, der Parteigründer.
Denkbar, dass der Front National bei der Europawahl die stärkste




Partei in Frankreich wird.

Das wäre für unseren Nachbarn fatal und damit zugleich schlecht
für Europa. Aber an den Machtverhältnissen im Europaparlament würde
dies nichts grundlegendes ändern. Rechnet man die nationalen
Wahlergebnisse auf Europa hoch, kommen die Rechtsaußen auf rund fünf
Prozent. Ein Grund zur Wachsamkeit, kein Grund zur Panik.



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Datum: 25.03.2014 - 18:54 Uhr
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