(ots) -
Rund drei Millionen Menschen leiden in Deutschland nach
vorsichtigen Expertenschätzungen unter einer Erkrankung des
Lymphgefäßsystems (1). Die reale Zahl kann aber deutlich höher
liegen. Denn: Viele Betroffene werden eher zufällig auf ihre
Erkrankung aufmerksam. Hervorgerufen durch starke Schwellungen,
besonders an Armen oder Beinen, recherchieren sie im Internet, wenden
sich an Therapeuten oder Selbsthilfegruppen. Steht die ärztliche
Diagnose Lymphödem fest, werden aber bei weitem nicht alle Patienten
richtig und ausreichend behandelt.
Eine Patientin, bei der die richtige Diagnose frühzeitig erstellt
wurde und die Behandlung bis heute umfassend erfolgt, ist Brigitte W.
(Name der Redaktion bekannt). Die dreifache Mutter erkrankte 2007 an
Brustkrebs. Zwei Lymphknoten waren befallen, vierzehn wurden
sicherheitshalber entfernt. Der Eingriff verlief erfolgreich, doch
drei Wochen nach der Operation wurde ihr rechter Arm dick. Als sie
dann noch starkes Fieber bekam, suchte sie Rat bei ihrem Hausarzt,
der gleichzeitig auch Lymphologe ist. Ein Glücksfall. Denn während
Patientinnen nach ähnlichen Eingriffen nicht selten damit vertröstet
werden, dass die Schwellung eine normale Komplikation sei,
diagnostizierte ihr Arzt richtigerweise ein Lymphödem. Mit dieser
Folgeerkrankung ist sie nicht allein. Aufgrund der aktuellen
Studienlage kann man annehmen, dass durchschnittlich 20 bis 30
Prozent der Patientinnen von einem Brustkrebs assoziierten Lymphödem
betroffen sind (2).
Die Säulen einer erfolgreichen Therapie: Arzt, Therapeut,
Sanitätsfachhandel
"So komisch sich das vielleicht anhört, aber im ersten Moment war
ich erleichtert. Ich hatte schon befürchtet, dass der Krebs wieder
auftritt", so Brigitte W. "Was ein Lymphödem ist und welche Folgen
die Diagnose letztlich hat, war mir gar nicht bewusst."
Ihr Arzt verordnete ihr sofort eine manuelle Lymphdrainage. Sie
ist Voraussetzung, um die starke Schwellung in den Griff zu bekommen
und ein wichtiger Bestandteil der sogenannten Komplexen
Physikalischen Entstauungstherapie (KPE). Die KPE gilt in Fachkreisen
als einzig wirkungsvolle Therapie zur Lymphödemreduktion. Konsequente
Hautpflege, spezielle Gymnastik sowie Kompressionsbandagierung bzw.
Kompressionsbestrumpfung komplettieren die Therapie.
Brigitte W. begab sich daraufhin zur Behandlung in eine spezielle
Physiotherapiepraxis. In der Entstauungsphase zu Beginn der Therapie
bekam sie nahezu täglich Lymphdrainagen und anschließend
Kompressionsbandagen angelegt. Mit Erfolg. Ihr Armumfang reduzierte
sich Zentimeter für Zentimeter und nach vier Wochen konnte sie
erstmals fachmännisch für die Kompressionsbestrumpfung vermessen
werden. Seitdem geht die Patientin vier Mal pro Woche zur
Lymphdrainage und trägt zum Erhalt des Therapieergebnisses rund zwölf
Stunden am Tag einen flachgestrickten Armstrumpf.
"Im Großen und Ganzen halten wir uns jetzt seit zwei Jahren recht
gut", sagt Brigitte W. Sie sagt bewusst "wir" und sieht dabei zu
Regina E. (Name der Redaktion bekannt). Sie ist Lymphexpertin in
einem Augsburger Sanitätshaus und betreut Brigitte W. seit Beginn
ihrer Therapie vor mehr als sechs Jahren. Die Frauen haben
mittlerweile großes Vertrauen zueinander aufgebaut. "Sie ist mit
ihrer Erfahrung für mich eine wichtige Anlaufstelle. Sei es bei
Fragen zum Lymphödem, zur Therapie oder auch zu den Armstrümpfen.
Gerade am Anfang ist man ja für jede Information dankbar, auch wenn
man manche Antwort nicht so gerne hört", sagt Brigitte W. So wie die
Tatsache, dass der Armstrumpf ihr ständiger Begleiter sein wird. "Da
hat Frau E. schon früh keine falschen Illusionen aufkommen lassen.
Aber, und das war das Positive daran, ich kann damit alt werden.
Dieses Feedback von einer Fachfrau zu hören, hat mir viel Angst
genommen."
Aktiv leben mit flachgestricktem Kompressionsstrumpf
Die Patientin hat sich mittlerweile an den Strumpf gewöhnt. Das
morgendliche Anziehen ist dank eines Strumpfbutlers zum einfachen
Ritual geworden. Die Lust am Leben lässt sie sich jedenfalls durch
das Lymphödem nicht nehmen. In ihrer Freizeit geht sie gerne Walken,
leitet die Selbsthilfegruppe Mamazone e.V. für Frauen mit Brustkrebs
und macht sonst all die Dinge, die sie auch schon vor ihrer
Erkrankung gerne gemacht hat. Damit ein gutes Therapieergebnis, wie
bei Brigitte W., erzielt werden kann und es zu einer hohen
Therapietreue kommt, ist die perfekte Passform des Strumpfes wichtig.
Die Voraussetzung ist dabei das richtige Vermessen. In speziellen
Schulungen wird gezeigt, an welchen Stellen gemessen werden muss, wie
viele Maße man benötigt oder was das Zugmaß bedeutet.
Auch der richtige Zeitpunkt ist entscheidend. "Am besten misst man
direkt nach der Lymphdrainage, noch in der Physiotherapiepraxis",
sagt Regina E. Dann hat man das beste Ergebnis und der Strumpf, der
ja ein halbes Jahr passen muss, hat die richtige Größe." Die
Sanitätsfachfrau ist seit dreizehn Jahren im Bereich der
Lymphversorgung tätig. Um auf dem Laufenden zu bleiben und ihren
Kundinnen und Kunden eine bestmögliche Beratung zu geben, besucht sie
jährlich zwei bis drei Fortbildungen. "Ich erfahre hier immer etwas
Neues. Seien es neue Materialen, Zusätze oder Trends, die die
Therapietreue der Patienten erhöhen." Hier hat sich in den letzten
Jahren viel Positives getan. Neuerdings gibt es sogar Armstrümpfe mit
Mustern und bunten Farben (z. B. mediven 550 in Aqua, Anthrazit oder
Marine von medi). Das Motto: "Live Laugh Love" (Leben, lachen,
lieben). Modischer Gag oder starkes Zeichen? Dazu Brigitte W.: "Ich
persönlich finde es genial. Erstens ist das Aqua eine fröhliche Farbe
und damit eine willkommene Abwechslung zum tristen Schwarz oder
Braun. Zweitens finde ich, dass das Motto "Leben, lachen, lieben"
alles beinhaltet, was mir wichtig ist. Es zeigt nach außen, dass ich
mit dem Lymphödem alt werden kann. Und das will ich auch."
Brigitte W. freut sich schon auf das nächste Treffen ihrer
Selbsthilfegruppe, bei dem sie ihren neuen Armstrumpf präsentieren
wird. Sie ist sich sicher, dass viele der Frauen ihre Begeisterung
teilen werden.
Informationsmaterial zum Thema Lymphödem und zur
Kompressionstherapie (Ratgeber "Stau im Gewebe", "Lymphkompass"),
gibt es bei medi, Telefon 0921 / 912-750, E-Mail
verbraucherservice(at)medi.de. Surftipp: www.ifeelbetter.com.
(1)Dr. med. Schingale, Franz-Josef. In: Lymphödeme / Lipödeme.
Diagnose und Therapie. Ein Ratgeber für Betroffene. 3., berarbeitete
Auflage (2007). S. 9. Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG.
(2)Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (2008): Interdisziplinäre
S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des
Mammakarzinoms, Germering, München: W. Zuckschwerdt Verlag
Hintergrundinformation:
Das Lymphgefäßsystem ist ähnlich bedeutend wie der Blutkreislauf,
jedoch weitaus unbekannter. Es überzieht den Körper wie ein Netz und
erfüllt viele wichtige Funktionen. So spielt es nicht nur für die
körpereigene Immunabwehr eine wichtige Rolle, es entsorgt auch
täglich bis zu vier Liter Lymphe aus dem Gewebe. In der Flüssigkeit
enthalten sind gelöste Stoffe wie Bluteiweiße oder
Stoffwechselprodukte. Kommt es zu einer Erkrankung des Systems, ist
der Abtransport der Lymphflüssigkeit nicht mehr ausreichend
gewährleitstet. Die Lymphe sammelt sich und es kann zu enormen
Schwellungen der betroffenen Körperregionen, meist der Arme und
Beine, kommen. Die Störung des Lymphgefäßsystems kann entweder
angeboren (primäres Lymphödem) oder die Folge einer Operation sein
(sekundäres Lymphödem).
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Daniel Schwanengrug
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