(ots) - Dem chinesischen Staatspräsidenten sind die
Menschenrechtsappelle des deutschen Bundespräsidenten, der Kanzlerin
oder der NRW-Ministerpräsidentin völlig gleichgültig. Das gab Xi
Jinping, damit daran auch kein Zweifel aufkommen konnte, seinen
deutschen Gastgebern vorab sogar schriftlich. In der FAZ, der Zeitung
für Staatsangelegenheiten, formulierte er es so: "Lasst uns die vom
Volk der anderen Seite gewählte Grundordnung und seinen
Entwicklungsweg verstehen und respektieren, lasst uns Rücksicht
nehmen auf die gegenseitigen Kerninteressen und entscheidenden
Anliegen." Grundordnung, das ist die diktatorische Herrschaft durch
die Kommunistische Partei Chinas, mehr als das: der Vorrang des
Kollektivs vor dem Individuum. Das Staatsoberhaupt hat es knallhart
aufgeschrieben: Wer, wie der Westen, auf der individuellen
Menschenwürde beharrt, versteht China und seinen "Entwicklungsweg"
nicht, weil er arrogant ist und selbstbezogen. Gestern und heute
lächelt er sich durchs Land, die hübsche und westlich gewandete Frau
so chic an seiner Seite, dass man die über chinesisches Land
fahrenden Hinrichtungswagen schon fast vergessen könnte. Ganz anders
ist die Anordnung in der Wirtschaft: Hier soll noch viel mehr
gemeinsam gehen, als jeden Tag (!) gegenseitig Waren von 1,5
Milliarden auszutauschen. Aber einen intensiveren Handel wünschen
sich die Chinesen nicht aus Menschenfreundlichkeit, sondern aus
eigenem Interesse, genau wie die deutsche Wirtschaft, deren
Spitzenvertreter insgeheim das chinesische System weniger kritisieren
als bewundern. Die Chinesen sind auf deutsche Spitzentechnologie
angewiesen, sie bewundern deutsche Waren für ihre Präzision und
Haltbarkeit, kurzum: Es besteht kein Grund für ölige Schleimerei.
Einmal abgesehen davon, dass die bestaunte Stabilität Chinas große
Risse hat. In diesem Wirtschaftswunderland nehmen die Störungen zu.
Inzwischen gibt es Zehntausende lokaler Aufstände von Bauern,
Wanderarbeitern und der aufkommenden Mittelschicht. Sie entzünden
sich an der Willkür der KP-Funktionäre, an der menschenfeindlichen
Wasser- und Luftqualität. Kurzum: Wir sollten diesem schwierigen
Partner ebenso selbstbewusst wie misstrauisch begegnen.
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