(ots) - Kann die Europäische Zentralbank (EZB) jetzt
überhaupt noch anders, als am Donnerstag erneut ihre Leitzinsen zu
senken oder zu anderen Mitteln zu greifen? Im März ist die Inflation
in Euroland auf nur noch 0,5% gefallen. Das ist nicht nur der
niedrigste Wert seit mehr als vier Jahren - es ist vor allem
meilenweit entfernt vom EZB-Ziel von knapp unter 2%. Und dennoch: Es
gibt gute Gründe für die Euro-Hüter, jetzt ruhig zu bleiben.
Der Rückgang der Teuerung kommt weder unerwartet - auch wenn er
etwas stärker ausfiel als von vielen Auguren vorhergesagt -, noch ist
er ein Indiz, dass das Risiko einer Deflation gestiegen ist.
Verantwortlich sind zum Großteil Sondereffekte wie der andere
Ostertermin dieses Jahr. Das dürfte bereits im April die Preise
wieder kräftiger steigen lassen. Die EZB sollte durch solche
Volatilität hindurchschauen. Zugleich ist die wirtschaftliche
Erholung intakt, auch wenn Gefahren bestehen wie die Krim-Krise. Und
die berechtigte Hoffnung ist, dass mit der Erholung die Teuerung
anzieht. Das Risiko eines gefährlichen Preisverfalls erscheint weiter
gering.
Nun argumentiert mancher, auch eine dauerhaft niedrige Inflation
berge bereits Risiken und die EZB solle lieber zu viel als zu wenig,
um eine Deflation gänzlich auszuschließen. Ersteres stimmt, vor allem
mit Blick auf die Inflationserwartungen. Der leichte Abwärtstrend bei
einigen dieser Indikatoren ist deshalb keine gute Nachricht und die
EZB muss höllisch wachsam sein. Noch aber scheint er in Grenzen zu
sein. Und Letzteres stimmt auch: Es ist unbestritten, dass eine
Deflation verheerende Folgen hat. Aber auch eine Geldpolitik, die
überschießt, kann schlimme Konsequenzen haben. Für die EZB kommt
erschwerend hinzu, dass die noch wirklich effektiven Optionen im
"Instrumentenkasten" - Negativzins, Anleihekäufe - in sich große
Risiken bergen.
Aber sollte die EZB dann jetzt nicht wenigstens mit kleineren
Liquiditätshilfen ein Signal setzen? Auch da ist Vorsicht angebracht:
Wenn sie jetzt so kurz nach ihrem erst Anfang März gegebenen
Wachstums- und Inflationsausblick in Aktionismus ausbricht, könnte
der Eindruck entstehen dass sie selbst Zweifel bekommt, dass sich die
Wirtschaft peu à peu belebt. Das könnte etwa die
Investitionsbereitschaft dämpfen. Zum anderen könnte sie als Getriebe
dastehen, das immer wieder von der Inflationsentwicklung überrascht
wird - sie also mithin nicht mehr unter Kontrolle hat. Wer sollte
dann noch auf ihre Zusicherung vertrauen, dass keine Deflation droht?
Die EZB muss auch aufpassen, dass ihre Reputation keine irreparablen
Schaden nimmt.
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de