(ots) - Angesichts des dramatischen, zuletzt auch
von der Bundesregierung selbst belegten Verlusts an artenreichen
Wiesen und Weiden sowie den davon abhängigen Vogelarten hat der NABU
heute formell Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt. Die
deutschen Bundesländer verstoßen nach Ansicht des NABU klar gegen die
EU-Naturschutzrichtlinien, weil sie zu wenig für den Erhalt besonders
geschützter Lebensräume und Vogelarten tun. Laut NABU kann man dabei
von einem Systemversagen der Verwaltung auf ganzer Linie sprechen.
"Ein klarer Fall für eine EU-Beschwerde - notfalls muss Deutschland
vor den Europäischen Gerichtshof, damit sich endlich etwas ändert",
sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke.
Vögel wie Kiebitz, Uferschnepfe und Bekassine haben in den
vergangenen 25 Jahren drei Viertel ihres Bestandes eingebüßt. Sogar
in Schutzgebieten werden laut NABU-Studien in großem Stil geschützte
Grünlandflächen meist ungestraft untergepflügt und zum Beispiel in
Maisäcker umgewandelt. Viele Flächen werden auch durch Düngung oder
Entwässerung intensiviert und damit ökologisch entwertet. "Gehen
Entwicklungsländer so mit dem Regenwald um, ist die Empörung groß.
Wenn aber vor unserer Haustür ein massenhaftes Artensterben beim
'Tafelsilber' unserer Kulturlandschaft angerichtet wird, werden gerne
alle Augen zugedrückt - von den Landratsämtern bis zur
Bundesregierung", so Tschimpke.
Der NABU hofft nun auf ein Verfahren der EU-Kommission, um
Reformen zu erzwingen. Die von Deutschland mit verabschiedete
EU-Vogelschutzrichtlinie verlangt nämlich von den Regierungen, die
Bestände aller wildlebenden Vogelarten in einem günstigen Zustand zu
erhalten. Mit der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie)
haben sich die Mitgliedstaaten der EU zudem verpflichtet, artenreiche
Grünlandlebensräume zu erhalten und Verschlechterungen
auszuschließen. Erst vergangene Woche hat die Bundesregierung Daten
nach Brüssel gemeldet, die zeigen, dass in Deutschland genau der
gegenläufige Trend zu beobachten ist. "In unseren Analysen haben wir
gravierende Verstöße gegen beide Richtlinien festgestellt, daher
reichen wir zwei Beschwerden in Brüssel ein", so Tschimpke.
Der NABU betont in diesem Zusammenhang, dass ein Gerichtsprozess
vor dem EuGH keinesfalls erstrebenswert ist und nur die letzte Wahl
für den Naturschutz darstellt. Um ein aufwendiges Verfahren zu
vermeiden, fordert der NABU von Bund und Ländern einen verbindlichen
Aktionsplan für das artenreiche Grünland. Darin sollte jeglicher
Grünlandumbruch in Schutzgebieten verboten und ein Maßnahmenpaket zur
Behebung der Vollzugsdefizite im Grünlandschutz vereinbart werden.
Ferner fordert der NABU einen effektiven nationalen Schutz für die
Natura-2000-Schutzgebiete nach EU-Recht sowie eine deutlich stärkere
und gezieltere Förderung des artenreichen Grünlands und der
Wiesenbrüter über die Förderprogramme von Bund und Ländern.
Im Internet zu finden unter
http://www.nabu.de/themen/landwirtschaft/landwirtschaftundnatursch
utz/16681.html
Originaltext vom NABU
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