(ots) - Der Vorstand der Deutschen Bank hat sich über
hausinterne Analysen hinweggesetzt und hält bis heute an
Finanzprodukten fest, die zu höheren Lebensmittelpreisen und Hunger
beitragen können. Diesen Zusammenhang sehen Studien der
Forschungsabteilung DB Research, wie die Verbraucherorganisation
foodwatch heute berichtet.
Sind Finanzspekulationen folgenlose "Wetten" - oder sorgen sie für
steigende Preise bei Lebensmitteln? - Dies ist seit Jahren Kernpunkt
des Streits. Angesichts der anhaltenden Kritik hat der Co-Chef der
Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, Nichtregierungsorganisationen und
Wissenschaftler für den 16. April zu einer internen Konferenz nach
Frankfurt am Main eingeladen. Die hauseigenen Studien zeigen: Die
Forschungsabteilung DB Research hat die öffentliche Argumentation der
Konzernspitze längst widerlegt, nach der ein Einfluss von
Finanzspekulation auf die Realpreise nicht erkennbar sei.
Bei der Finanzspekulation mit Rohöl sind die
Deutsche-Bank-Forscher klar in ihrer Einschätzung, dass sich die
Finanzwetten auf den Ölpreis auswirken können - und so auch auf den
Preis für Nahrungsmittel. Der "Einfluss von Spekulation ist
nachweisbar", schrieben sie bereits 2009: "Zudem deuten die robusten
Ergebnisse [der Forschung] auf die Existenz eines kausalen Einflusses
der am Futuresmarkt tätigen Spekulanten auf den Rohölpreis am
Spotmarkt sowohl vor, als auch nach dem Beginn der Finanzkrise hin."
Mit anderen Worten: Wird auf den Terminmärkten auf einen steigenden
Ölpreis gewettet, kann dieser dadurch tatsächlich steigen - mit
Folgen für Nahrungspreise und Hunger, wie DB Research in einer
weiteren Analyse von 2011 zusammenfasst: "Höhere Ölpreise tragen
tendenziell zu höheren Lebensmittelpreisen bei, indem sie Input- und
Produktionskosten erhöhen und die Nachfrage nach Biotreibstoff
steigern. Eine engere Beziehung zwischen Öl- und Lebensmittelpreis
dürfte außerdem dazu führen, dass Preisspitzen für Lebensmittel
häufiger auftreten." (Originalquellen siehe unten)
"Das krampfhafte Festhalten an den Hungerwetten rechtfertigen die
Herren Fitschen und Jain damit, dass Finanzwetten die Preise für
Lebensmittel nicht beeinflussen - das glauben ihnen aber nicht einmal
die eigenen Wissenschaftler", erklärte foodwatch-Geschäftsführer
Thilo Bode.
Die Deutsche Bank selbst sieht in ihren Forschungspapieren
folgende Zusammenhänge:
- Spekulanten beeinflussen den Rohölpreis an den Terminbörsen
- Der Termin-Preis für Öl-Derivate kann den Preis für tatsächlich
gehandeltes Öl auf den Kassamärkten beeinflussen
- Ein spekulativ erhöhter Ölpreis sorgt auch für höhere
Lebensmittelpreise, da Öl z. B. über Mineraldünger und
Kraftstoffe ein wesentlicher Kostenfaktor für die
Agrarwirtschaft ist sowie die Nachfrage nach Biosprit erhöht -
was Ackerflächen verteuert und ebenfalls preistreibend wirkt.
Im Februar 2013 hatte die Verbraucherorganisation foodwatch
bereits vier Analysen von DB Research zur Spekulation mit
Agrarrohstoffen bekannt gemacht, in denen es Konzern-Wissenschaftler
- entgegen den Verlautbarungen der Vorstandschefs - für
"wahrscheinlich" erachten, dass Agrarspekulation Preisausschläge
verstärke: "Auch die Spekulation hat zu Preissteigerungen
beigetragen." Auch eine Anfang März 2014 publizierte Studie des
staatlichen Thünen-Instituts im Auftrag der Bundesregierung kommt zu
dem Schluss, dass sich Landwirte, Agrarhändler und
Ernährungswirtschaft bei der Preisfindung an den Terminmärkten
orientieren, sich die Entwicklung an den Finanzmärkten also sehr wohl
auf die realen Preise für Lebensmittel auswirkt. (alle Quellen siehe
unten)
foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode: "Trotz wichtiger
wissenschaftlicher Hinweise und Belegen aus der Praxis nehmen Anshu
Jain und Jürgen Fitschen den Hungertod von Menschen billigend in
Kauf. Diese Haltung steht stellvertretend für das Geschäftsmodell der
Deutschen Bank: Rücksichtsloses Profitstreben statt echter
Kulturwandel."
Link:
- E-Mail-Aktion an die Deutsche Bank: http://bit.ly/1iEoat0
Quellen:
- Übersicht: Ölspekulation treibt Preise - Forschungsergebnisse
von DB Research http://bit.ly/Q8jUrI
- Thünen-Institut im Auftrag der Bundesregierung: "Die Bedeutung
von Agrarterminmärkten als Absicherungsinstrument für die
deutsche Landwirtschaft" (März 2014) http://bit.ly/1i3NmpE
- Übersicht: DB Research und Allianz Research über die Folgen von
Agrarspekulation (foodwatch, März 2013): http://bit.ly/1pTIE3M
Pressekontakt:
foodwatch e.V.
Martin Rücker
E-Mail: presse(at)foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 - 2 90