(ots) - Ein neues Bündnis von Menschenrechtsorganisationen
und Netzaktivisten hat die Bundesregierung aufgefordert, zügig
umfassende Exportkontrollen für digitale Überwachungstechnologien
einzuführen. Ohne Regulierung können immer mehr repressive Staaten
mit Hilfe westlicher Produkte Menschenrechtsaktivisten, Journalisten
und Oppositionelle ausforschen, verfolgen und vor Gericht stellen,
erklärten Digitale Gesellschaft e.V., das European Center for
Constitutional and Human Rights, Human Rights Watch und Reporter ohne
Grenzen.
Geheimdienste und Sicherheitsbehörden autoritärer Regime können
mit Hilfe leistungsfähiger Überwachungstechnologien etwa die
Computerfestplatten beliebiger Personen durchsuchen, ihre
verschlüsselten E-Mails mitlesen und Skype-Telefonate abhören. In
vielen Fällen liefern Firmen aus westlichen Staaten wie Deutschland,
Großbritannien, Italien oder der Schweiz die entsprechenden Produkte.
Diese werden unter anderem in Turkmenistan, dem Iran, Äthiopien und
Bahrain gegen Aktivisten und Kritiker eingesetzt. In Frankreich
ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen zwei Unternehmen, deren
Produkte zu Folter an Oppositionellen in Libyen und Syrien
beigetragen haben könnten.
Um dem bislang weitgehend unregulierten Handel mit solchen
Produkten entgegenzuwirken, haben sich die unterzeichnenden
Organisationen im neuen Bündnis gegen Exporte von
Ãœberwachungstechnologie (Coalition Against Unlawful Surveillance
Exports - CAUSE) zusammengeschlossen. Ihm gehören auf internationaler
Ebene auch Amnesty International, Fédération Internationale des
Ligues des Droits de l'Homme, Open Technology Institute und Privacy
International an. (Mehr dazu unter http://globalcause.net)
Nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden Kritik
zivilgesellschaftlicher Gruppen haben die Vertragsstaaten des
Wassenaar-Abkommens für Waffenexportkontrollen Ende 2013 beschlossen,
mit sofortiger Wirkung bestimmte digitale Ãœberwachungstechnologien in
die Liste der Güter aufzunehmen, die zivile wie auch auch
militärische Verwendungen haben und deshalb nur mit Genehmigung der
jeweiligen Regierung des Exportlandes ausgeführt werden dürfen. Die
CAUSE-Mitglieder fordern die Bundesregierung auf, diese Beschlüsse
zielgerichtet umzusetzen und damit für eine wirksame Kontrolle der
Exporte von Ãœberwachungstechnologien zu sorgen.
"Telefon und Internet dienen in Bahrain inzwischen mehr der
Ãœberwachung als dem Informationsaustausch - und das nicht zuletzt
dank der Expertise westlicher Firmen", kritisierte der aus dem
Golfstaat geflohene Vizepräsident des Bahrain Center for Human
Rights, Sayed Yusuf al-Muhafdha. "Europäische Regierungen müssen den
Export dieser Technologien endlich stoppen."
"In vielen Staaten der Welt werden Regimekritiker mithilfe von
Technologien zur Kommunikationsüberwachung mundtot gemacht. Dennoch
geht der globale Handel mit Ãœberwachungstechnologien ungehindert
weiter", kritisierte Alexander Sander, Geschäftsführer des Digitale
Gesellschaft e.V. "Die politischen Entscheidungsträger in den
Exportländern trifft daher die Verantwortung, endlich wirksame
Ausfuhrkontrollen einzurichten, um schwerwiegende
Menschenrechtsverletzungen nicht weiter zu befördern und zu
unterstützen."
"Wenn wir nichts tun, ermutigen wir sowohl unverantwortliche
Händler von Überwachungstechnik als auch Geheimdienste, die diese
Technologie gegen Regimekritiker einsetzen", sagte Wenzel Michalski,
Deutschland-Direktor von Human Rights Watch. "Dadurch wird
willkürliche staatliche Überwachung normal. Wir fordern die
Regierungen auf, gemeinsam und schnell verantwortungsbewusste
Maßnahmen zu ergreifen."
"In immer mehr repressiven Staaten wagen Journalisten und Blogger
mit Haft rechnen oder wagen keine Kritik mehr, weil
Sicherheitsbehörden sie mit Hilfe westlicher Überwachungstechnik
ausforschen und einschüchtern", sagte Christian Mihr, Geschäftsführer
von Reporter ohne Grenzen.
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