(ots) -
Mittwoch, 7. Mai 2014, 22.45 Uhr
ZDFzoom
Pillen für die Psyche
Werden unsere Kinder krank gemacht?
Film von Beate Frenkel und Astrid Randerath
Angelina ist zehn Jahre alt und bekommt zum Frühstück eine Pille
gegen ADHS, das sogenannte Zappelphilipp-Syndrom. Ohne Medikamente
kämen sie nicht zurecht, erklärt ihre alleinerziehende Mutter. "Mir
ist wichtiger, dass mein Kind einen guten Abschluss hat, einen guten
Start ins Leben." Viele Eltern fühlen sich unter Druck gesetzt,
fürchten um die Zukunftsperspektiven ihrer Kinder.
Der Film zeigt, wie die Pharmaindustrie von diesen Ängsten
profitiert. Sie hat ihre neue Zielgruppe, die Kinder und
Jugendlichen, fest im Griff. Die sind heute angeblich schon krank,
wenn sie zu zappelig, zu laut oder auch zu still sind. Gegen all das
gibt es Pillen. Ein Milliardengeschäft auf Kosten der Kinder? Die
"ZDFzoom"-Dokumentation geht der Frage nach, warum Ärzte immer
häufiger Psychopharmaka an Kinder verschreiben und warum auch Schulen
und Familien sich darauf einlassen, die Kinder mit Psychopillen
ruhigzustellen.
Nach dem jahrelangen ADHS-Boom gibt es in Deutschland einen neuen
Trend: Kindern, die auffällig sind, Wutanfälle bekommen oder sich
langsamer entwickeln, werden jetzt Neuroleptika verabreicht. Das
seien extrem starke Psychopharmaka, ursprünglich gedacht für die
Behandlung von Schizophrenie bei Erwachsenen und eine Gefahr für
Kinder, warnt der renommierte Pharmakritiker Prof. Peter Schönhöfer.
Der Film zeigt: Die gesundheitlichen Folgen für Kinder und
Jugendliche, denen Neuroleptika verordnet wurden, können im
Einzelfall gravierend sein. So kann es zu Störungen der
Geschlechtsreife kommen. Inzwischen haben in Amerika Anwälte über
tausend Fälle von Jungen gesammelt, die wegen der Nebenwirkungen
klagen. Der Anwalt Stephen Sheller vertritt viele dieser Fälle. Die
Klagen haben die Pharmaindustrie schon jetzt Milliarden gekostet, das
Geschäft mit den Pillen lohnt sich für die Firmen dennoch. Sheller
prophezeit: "Erst wenn einer von den Verantwortlichen ins Gefängnis
muss - und zwar für eine ganze Weile - wird das aufhören."
Mit dem neuen amerikanischen Diagnosekatalog DSM 5 werde dieser Trend
fortgesetzt, so die Recherchen von "ZDFzoom". Der amerikanische
Psychiater Allen Frances spricht sogar von einer Inflation der
Diagnosen. Er hat selbst jahrelang an dem offiziellen Diagnosekatalog
mitgearbeitet, in dem psychische Störungen definiert werden. Sein
Fazit: Die Pharmakonzerne erfänden immer neue Krankheiten, um ihre
Pillen zu verkaufen. Die Leidtragenden seien die Kinder.
Beate Frenkel und Astrid Randerath zeichnen nach, wie es zu dieser
Entwicklung kommen konnte, die in den USA ihren Anfang nahm. Sie
zeigen, wie die Pharmaindustrie mit neuen Krankheiten einen riesigen
Markt erobert; zum ersten Mal werden die fatalen Folgen dieser
Entwicklung im deutschen Fernsehen dokumentiert.
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