(ots) -
Schwerwiegende Fehler unterliefen Trainer Pep Guardiola in der
Mannschaftsführung und bei Aufstellung und Taktik, was dann
letztendlich für den Titelverteidiger zum Ausscheiden im
Champions-League Halbfinale führte. Aber auch die Vereinsführung
trägt durch Passivität einen nicht unerheblichen Anteil an Mitschuld.
Das königliche Real Madrid, das normalerweise in Schockstarre
verfällt, wenn ihnen die Bestia Negra zugelost wird, hatte
überraschend leichtes Spiel. Der Demütigung ersten Ranges im eigenen
Stadion setzte der umstritten gewählte Weltspieler des Jahres
Cristiano Ronaldo mit einem "Lächerlichmach"-Tor zum 4:0 die Krone
auf. Bayern München scheiterte, weil man einvernehmlich, Trainer und
Vereinsführung, den Bezug zur Realität verloren hatte und sich nicht
mehr wie ein Jahr zuvor beim Triple-Sieg auch um die vorhandenen
eigenen Schwächen gekümmert hat, geblendet von berauschenden Siegen
gegen Gegner, die nicht ansatzweise die Klasse und Cleverness der
Clubs aus Madrid, Manchester, London und Barcelona haben.
Fehler bei der Spielführung
Die taktische Ausrichtung im Rückspiel, bei dem man ein 0:1
aufzuholen hatte, war ganz der Offensive geschuldet. Trainer
Guardiola wollte Real Madrid im Sturmspiel überlaufen. Zwischen dem
29. März und dem Tag des Rückspiels gegen Real, also innerhalb eines
Monats, geriet Bayern München unvorstellbare sieben Mal, und dies
nicht nur gegen Topteams, mit 0:1 in Rückstand (Hoffenheim, ManU,
Augsburg, ManU, Dortmund, Real und Bremen). Dies bedeutet
schlichtweg, dass die Aufstellung und Taktik für die
Spieleröffnungsphase nicht funktionierte, so wie dann auch gegen Real
Madrid, wo man sich bereits nach 16 Minuten das achte 0:1 einfing,
das durch die Auswärtstorregel im Prinzip schon alles entschied.
Hauptproblem und Ausgangspunkt vieler Gegentore ist die völlig
verunsicherte Innenverteidigung mit Boateng und Dante, die im eigenen
Strafraum kaum Zweikämpfe gewinnen konnte. Selbst bei Ecken, bei
denen der Ball sekundenlang unterwegs ist, befinden sich die
Bayernabwehrspieler nicht einmal in der Nähe der Gegenspieler. Völlig
freistehend und unbedrängt, aus etwa 7 Metern Entfernung, fing man
sich so bei Manchester United (Vidic) und gegen Real Madrid (Ramos)
in München jeweils mit Kopfbällen die Führungstreffer ein. Auch wenn
es hart klingt, so muss man diese Zweikampfschwäche als nicht einmal
zweitligareif bezeichnen. Es war klar, dass man kaum mehr
weiterkommen kann, wenn Real auch in München trifft. Trotzdem
verstärkte Guardiola nicht die Abwehr im entscheidenden Spiel gegen
Real Madrid, sondern spielte offensiv, hinten aber offen wie ein
Scheunentor. Entsprechend schnell war das Spiel auch entschieden mit
einem Tor, das so einfach niemals fallen darf. Zur Erinnerung, der
gleiche Blackout passierte auch in der vorletzten Saison, als Drogba
von Chelsea völlig freistehend und unbedrängt zum entscheidenden
Ausgleich im Champions-League Finale einköpfte.
Toni Kroos spielte nicht auf seiner angestammten Position hinter
den Spitzen, dort wo er zweifelsfrei seine Stärken hat, sondern
zwischen Abwehr und Offensive. Er kann sich nicht effektiv in die
Abwehr-Viererkette fallen lassen oder das Spiel von ganz hinten
führen. Zwei solche Spieler wären aber auf der "Sechser-Position" bei
Bayern notwendig, da die Abwehr um die zentrale Innenverteidigung,
Boateng und Dante, seit Wochen von der Rolle war und selbst in der
Bundesliga permanent vorgeführt wurde. Schweinsteiger war
überfordert, alleine das verunsicherte Innenverteidigerpaar zu
stabilisieren. In der zurückliegenden Erfolgssaison haben sich er und
Martinez in den "großen" Spielen diesen Part perfekt geteilt. Lahm,
der diese Rolle als gelernter Verteidiger viel besser als Kroos
spielen kann, war als Außenverteidiger aufgestellt. Stürmer Müller
fand sich auch nicht auf seiner Effektivposition. Er spielte auf der
Kroos/Götze Position. Müller ist kein Spielmacher und das sichere
Ballverteilen hinter den Spitzen ist nicht Bestandteil seiner
Weltklasse. Mandzukic hat sich zwar gut weiterentwickelt, ist aber
limitiert, richtet gegen Weltklasse-Innenverteidiger wenig aus und
ist zu schwach, diese wichtigste Schaltstation des Gegners bei deren
Spielaufbau effektiv zu stören. Müller hätte aufgrund seiner
Laufstärke, Schnelligkeit und unangenehmen Unberechenbarkeit viel
mehr Leben in das Sturmzentrum bringen können und mit anderer
Qualität bereits an vorderster Front forechecken können.
Blamabler Zweckfußball von Real Madrid - Systemwechsel von Bayern
ein No-Go
Real Madrid hat in beiden Spielen nicht besser gespielt als der FC
Bayern München, es hat nicht brilliert durch mitreißenden Fußball,
sie haben sich eingeigelt und auf Fehler gewartet. Dies wurde ihnen
dann sehr leicht gemacht. Durch Guardiolas Spielausrichtung war die
Verteidigung hilflos und es genügten bereits einfache Aktionen, um zu
den ersten entscheidenden Toren zu kommen.
Im Nachhinein wird der Sieger medial immer schön geredet. Der
Zweck heiligt die Mittel, aber zweifelsfrei war der Auftritt von Real
Madrid, und man kann es nicht schönreden, blamabel. Sich mit der
teuersten Mannschaft der Welt, einer kompletten Weltauswahl, den
besten Nationalspielern verschiedener Länder, im eigenen restlos
ausverkauften Bernabéu Stadion mit allen 10 Superstars wie Borussia
Neunkirchen oder der SV Alsenborn gegen Bayern in der eigenen Hälfte
einzuigeln, ist peinlich.
Es waren individuelle und prinzipielle Fehler, die zum Ausscheiden
des FC Bayern führten und nicht das System. Die laut gewordenen
Forderungen nach einem Systemwechsel sind nicht nachvollziehbar und
nur Worthülsen ohne Begründungen. Die Alternative wäre dann wohl,
noch teurere Spieler einzukaufen und dann wie Real Mauerfußball zu
zelebrieren.
Fehler bei der Mannschaftsführung
Schongang nach früh gewonnener Meisterschaft überflüssig und nicht
angebracht
Die Bundesliga-Meisterschaft wurde vom FC Bayern grandios und in
Rekordzeit bereits im März eingefahren. Guardiola entschied
daraufhin, den Druck in den Bundesligaspielen herauszunehmen, um die
Stammspieler für die Champions-League Spiele zu schonen und dort die
Konzentration hochzuhalten. Dies ging voll daneben. Die
Guardiola-Rotation mit wechselnden Formationen und Aufstellungen in
den Spielen gegen Hoffenheim, Augsburg und Dortmund führte zu
Negativ-Ergebnissen und Negativ-Erlebnissen. Daraus folgte der
Verlust des Selbstbewusstseins und des Eingespielt seins auf höchstem
Niveau. Bereits gegen Manchester United war die einsetzende
Verunsicherung greifbar. Man geriet gegen ManU sowohl im Auswärts-,
als auch im Heimspiel in Rückstand. Mitte der zweiten Halbzeit gelang
Bayern in der Allianz Arena nach dem Führungstreffer sofort innerhalb
einer Minute der Ausgleich. Betrachtet man den vorausgehenden
Spielverlauf, wäre man wohl sonst schon im Viertelfinale
ausgeschieden.
Die Bayern Spieler hätten Geschichte schreiben können
Das Zurücknehmen der Mannschaft war ein Fehler. Es lag eine
einmalige Ausnahmesituation vor, die nicht erkannt wurde. Die
Mannschaft hätte ohne Probleme auf hohem Niveau weiterspielen können:
Es lagen keine Verletzungen vor. Durch die Rotation, in die gut 15
Spieler regelmäßig eingebunden waren, hatte kein Akteur
Verschleiß-Erscheinungen. Im Gegenteil, die meisten Spieler wollten
eher mehr spielen und waren nach wie vor heiß. Es gab also keine
körperlichen Gründe sich schonen zu müssen. Und dann waren noch die
unglaublichen Erfolgsserien, die jeden einzelnen Spieler hätten
unsterblich machen können. Erste Champions-League Titelverteidigung
mit längster Siegesserie und erste Mannschaft, die ungeschlagen
Bundesligameister wird und dabei mehr als 100 Tore erzielt. Die
Protagonisten wären gleichgezogen mit Namen wie Beckenbauer, Müller,
Breitner, Messi, Zidane oder Cruyff. Das alles hätte Beine gemacht,
ein Motivationsproblem gab es mitnichten. Es gab genügend handfeste
Gründe, auch gegen Hoffenheim, Augsburg und Bremen zu laufen und zu
kämpfen, auch wenn man schon als Meister feststand.
Fehler bei der sportliche Leitung und dem Management
Wo blieb Sammer? Rückpfiff mit Folgen!
In der Saison 2011/12 gab Trainer Jupp Heynckes ein trauriges Bild
ab. Acht Punkte Rückstand auf Borussia Dortmund in der Bundesliga,
ein verlorenes Heim-Champions-League-Endspiel gegen den schwachen
Außenseiter Chelsea London, an dem der Trainer selbst ganz
entscheidenden Anteil trug und zum Abschluss eine 5:2 Demontage -
wieder hatte Heynckes viele unglückliche Händchen - im
DFB-Pokalfinale gegen Dortmund. Zur neuen Spielzeit installierte man
Matthias Sammer als Sportdirektor und es wurde beim FC Bayern die
beste Saison aller Zeiten, das Triple konnte erstmals gewonnen
werden. Dass der damals schon 66-jährige Heynckes von einer Saison
auf die andere zur Trainerlichtgestalt wurde ist nicht logisch und
erklärbar. Der Unterschied war der nüchterne, geradlinige
Fußballexperte Sammer, der die Erfolgsspur in der Saison 2012/13
vorgab.
Dieser Sammer wurde nun vom Präsidium öffentlich zurückgepfiffen,
unter dem neuen unfehlbaren Trainerpapst Guardiola sollte er in das
hintere Glied rücken. Ein halbes Jahr grandiose Ergebnisse und
brillianter Traumfußball gegen gute, aber nicht europäische
Spitzenteams haben den Blick von Hoeneß, Rummenigge und selbst von
Guardiola getrübt. Sammers Warnungen und Erfahrungen aus der
ultimativen Erfolgssaison waren nicht mehr gefragt.
Zweifelsfrei hat Guardiola den FC Bayern phänomenal
weiterentwickelt, das Dominanzspiel lief so perfekt, dass die Abwehr
nicht gefordert war. Er hat nicht erkannt, welche Defizite hier
vorhanden sind, wenn man die europäischen Eliteteams trifft und dann
auch noch das Angriffsspiel gerade nicht so rund läuft.
Guardiola machte in den entscheidenden Spielen der
Champions-League ähnliche Fehler wie Heynckes zwei Jahre zuvor. Als
sich das neidische Fußball-Deutschland genüsslich auf Ribery und den
noch sprachlich beschränkten und somit unglücklich artikulierenden
Trainer Guardiola stürzte und nicht nur diese beiden sukzessive
filetierten, war Sammer nicht helfend zur Stelle. Zurückgepfiffen von
einer mit eigenen Problemen beschäftigten Vereinsführung schlug
Sammer nicht zu, als man ihn dringendst brauchte. Notwendige
Ablenkmanöver und klare Ansagen, auch an Guardiola, fanden nicht
statt.
Guardiola hat, was ihn ehrt, die Schuld am Ausscheiden gegen Real
Madrid auf sich genommen. Es steht aber noch das nun mit irrsinnigem
Stellenwert aufgeladene DFB-Pokal-Endspiel gegen Dortmund an.
Guardiola darf hier nicht nochmals als Verlierer vom Platz gehen,
dies erzeugt ungeheuerlicher Druck. Nun zeigt es sich, ob er ein
wirklich großer Trainer ist, seine Fehler erkennt und behebt und die
Mannschaft noch zum deutschen Double führt. Mit Klopp steht ihm da
aber jemand gegenüber, der mindestens gleiches Format aufzuweisen
hat. Also freuen wir uns auch auf einen großartigen Zweikampf auf dem
Spielfeld, auf der Bank und hinter den Kulissen.
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