(ots) - Der Bischof von Dresden-Meißen, Dr.
Heiner Koch, eröffnet am Sonntag, 18. Mai, in der Kathedrale seines
Bistums die 22. Renovabis-Pfingstaktion. Beim Festgottesdienst stehen
mit ihm Geistliche aus Südrussland und Polen am Altar; engagierte
Vertreter des zivilgesellschaftlichen christlichen Wirkens in
Litauen, Rumänien und aus Dresdens tschechischer Nachbardiözese
Litomerice/Leitmeritz gestalten die Messe zum Start der Pfingstaktion
mit. Bereits seit Donnerstag vermitteln die Gäste aus der
europäischen Weltkirche in Schulen und Pfarrgemeinden bei
öffentlichen Veranstaltungen - zusammen mit Mitarbeitern des
katholischen Osteuropa-Hilfswerks Renovabis die Anliegen der
Pfingstaktion. Mit der bundesweiten Pfingstaktion knüpft Renovabis im
Erinnerungsjahr 2014 an "25 Jahre 'Friedliche Revolution'- 'Wende'
und Mauerfall in Europa" an. Mit 1989 und den Folgejahren wird der
Blick darauf gelenkt, wie die gewonnene Freiheit im Osten Europas
nach dem Ende des Kommunismus erlebt wurde. Unter dem Leitwort "Mit
meinem Gott überspringe ich Mauern - Gemeinsam für ein solidarisches
Europa!" finden - von Dresden aus - in ganz Deutschland vor Pfingsten
zahlreiche Ost-West Begegnungen und Veranstaltungen statt. So können
Interessierte bereits seit dem 6. Mai im Foyer des Dresdner Hauses
der Kathedrale die Ausstellung "25 Jahre - 25 Köpfe" erleben, die
über Porträts Begegnungen mit Frauen und Männern aus fünf Ländern im
Osten Europas ermöglicht. Diese Ausstellung ist gleichzeitig in
Saarbrücken und Paderborn zu sehen und bis zum Herbst in rund 20
deutschen Städten.
Bischof Koch, der als "Trägerkreisvorsitzender" und Zuständiger in
der Deutschen Bischofskonferenz seit diesem Frühjahr auch
"Renovabis-Bischof" ist, glaubt, dass das Bewusstsein für die
Anliegen der seit 21 Jahren tätigen Hilfsaktion im Osten Deutschlands
naturgemäß oft stärker ausgeprägt sei. Hier beobachtet er den Kontakt
mit den Nachbarn in Polen und Tschechien, aber auch darüber hinaus,
häufig als unmittelbarer: "Das ist oft geprägter als im Westen. Das
sind lebendige Kontakte, ein lebendiger Austausch. Denn wir leben
einfach mit vielen Nachbarn. Wir haben in Dresden mit Leitmeritz,
Liegnitz und Pilsen, ein polnisches und zwei tschechische
Nachbarbistümer." Die diesjährige Renovabis-Pfingstaktion sieht
Bischof Koch "nicht als Geschichte", sondern begreift sie als
"lebendige Gegenwart"; er sagt: "Das Leitwort ist sehr bewusst
gewählt worden, auch in Anklang an die friedliche Revolution vor 25
Jahren mit dem Zusammenbruch der Mauer zwischen den deutschen Ländern
und dem Eisernen Vorhang überhaupt. Von daher ist die Erinnerung an
die damalige Unfreiheit, die damalige Belastung, aber auch die
Erinnerung an die seitdem erfahrene Hilfe ganz, ganz lebendig. Aber
aus dieser Zeit stammt auch die enge Verbindung mit den
Nachbarländern, in die ja zumindest eine gewisse Reisefreiheit
bestand. Das ist eine eigene Betroffenheit, auch der Solidarität.
Diese Verbindung mit den anderen Ländern werden wir hier und auch mit
Renovabis wachhalten. Aber eigentlich sind wir hier in Dresden und
mit diesen Nachbarländern, nicht im Osten Europas, sondern in der
Mitte. Ich glaube, dass das in ganz Deutschland auch wahrzunehmen
ist: Hier schlägt das Herz Europas. Eine Weiterentwicklung Europas
wird es, meiner Einschätzung nach, nicht im Westen geben, sondern die
Zukunft Europas wird sich in Fragen der Integrierung, der Solidarität
und des Austausches mit den osteuropäischen Staaten ergeben."
Bischof Clemens Pickel, der 1961 im sächsischen Colditz bei
Leipzig geboren worden ist, vor gut 25 Jahren die Priesterweihe
empfing und sich 1990 als Kaplan von Kamenz aus für die Seelsorge in
der damaligen Sowjetunion freistellen ließ, kam als Zeitzeuge der
Wendezeiten wieder einmal nach Dresden zurück. Aus dem Kaplan und
späteren Pfarrer von Marx an der Wolga ist Ende 1999 der Bischof der
Apostolischen Administratur Südrussland mit Sitz in Saratow geworden.
Johannes Paul II. erhob die Administratur 2002 zur regulären Diözese
mit demselben Namen wie ihr Bischof heißt: Bistum Sankt Clemens.
Bischof Pickel ist Stellvertretender Vorsitzender der Russischen
Bischofskonferenz und Präsident der Diözesancaritas Südrussland. "Mit
Herz und Seele" heißt ein neues Buch von ihm, in dem er sehr
"praktisch immer bei den Menschen" erzählt, was ihn täglich umtreibt.
Ruzena Kavková ist Direktorin der Caritas in Dresden-Meißens
tschechischem Nachbarbistum Litomerice (Leitmeritz) und wurde
ebenfalls als Zeitzeugin und Renovabis-Partnerin eingeladen. Sie
erinnert sich daran, wie früher kommunistische Funktionäre bei
Auslandsreisen ihre persönlichen Vorteile zum Absetzen in den Westen
genutzt hätten. Bitter stellt sie fest: "Noch immer ist die Politik
das ideale Feld für Karrieristen, um sich zu bereichern. Die
Hoffnungsträger der samtenen Revolution, die Vorkämpfer für
Gerechtigkeit und Freiheit sind längst verschwunden." Sie seien
verdrängt worden von korrupten Parteien, in denen die
Postenschieberei unerträglich geworden ist. "Ich hatte das Glück, zu
Beginn der Neunziger Jahr beim Aufbau der Caritas dabei zu sein.
Unsere Sorge gilt jenen Menschen, die von der Politik und auch von
Teilen der Kirche nicht wahrgenommen werden, die Alten und
Obdachlosen, die Flüchtlinge, vor allem die Roma. Sie sind die
Verlierer der Freiheit, die Mauern zwischen den Ethnien werden immer
höher."
Das Jahr 2014 sei für die Solidaritätsaktion Renovabis ein Anlass
zurückzuschauen, einerseits auf die "Friedliche Revolution" in Europa
vor 25 Jahren, also auf den Ausgangspunkt einer bahnbrechenden
Entwicklung, erläuterte der Hauptgeschäftsführer von Renovabis Pater
Stefan Dartmann SJ. Zum anderen dürfe aber die Zeit nach 1989 nicht
vergessen werden. In diesen Jahren hätten sich Kirchen und
Gesellschaften entwickelt, seien unterschiedliche gesellschaftliche
Gruppen als Verlierer oder Gewinner aus dem bis heute wirkenden
Transformationsprozessen hervorgegangen oder an unterschiedlichen
Rändern liegen geblieben. Häufig werde von einer "unvollendeten
Revolution" gesprochen: Im Laufe der Zeit sei deutlich geworden, dass
die Befreiung von den Zwängen des alten sowjetischen Systems, die die
Menschen im Osten Europas erkämpft haben, nicht immer zu mehr
Freiheit oder zu mehr Gerechtigkeit geführt hat. Dartmann: "Armut,
Obdachlosigkeit und Korruption sind in den Ländern Mittel-, Ost und
Südosteuropas nach wie vor gegenwärtig. Zweifelsohne war der erste
Schritt in die Freiheit ein notwendiger und richtiger Schritt,
dennoch dürfen die Schattenseiten der Entwicklung nicht übersehen
werden."
Nach wie vor gehe es auch immer noch um die Ãœberwindung bis jetzt
bestehender "Mauern in den Köpfen", die das Zueinander und
Miteinander von Menschen im Osten und Westen Europas behindern
würden. "Wir von Renovabis sehen uns hier gefordert, zur Begegnung
und zum Austausch - wo nötig auch zur Versöhnung - beizutragen. Durch
menschliche Brücken sollen noch vorhandene Gräben und Mauern
überwunden werden. Dies gehört seit je her zum partnerschaftlichen
Anliegen von Renovabis.
Im Mittelpunkt der Pfingstaktion steht der Appell zu
weitergehender Solidarität zwischen West und Ost sowie zur
Ãœberwindung von Fremdheit und Vorurteilen in Europa. Die
Pfingstaktion steht deshalb unter dem biblischen Leitwort: "Mit
meinem Gott überspringe ich Mauern (Ps 18,30) - Gemeinsam für ein
solidarisches Europa!"
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