(ots) - Mehr als 100 zivilgesellschaftliche Organisationen
aus aller Welt haben den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen heute
aufgefordert, mit Blick auf die Situation in Syrien den
Internationalen Strafgerichtshof anzurufen. Reporter ohne Grenzen
unterstützt diesen Aufruf - nicht zuletzt wegen der systematischen
Verfolgung von Journalisten durch verschiedene Konfliktparteien in
dem arabischen Land. Zensur, Überwachung, willkürliche Festnahmen und
Folter sind im Einflussbereich der syrischen Regierung, aber auch
bestimmter Rebellengruppen an der Tagesordnung. Zugleich verbreiten
Dschihadisten mit Entführungen, Drohungen und Gewalt ein Klima des
Terrors, das unabhängige syrische Journalisten sowie ausländische
Reporter unkalkulierbaren Risiken aussetzt.
Lesen Sie im Folgenden die gemeinsame Erklärung der
zivilgesellschaftlichen Organisationen an den UN-Sicherheitsrat:
"Wir, die unterzeichnenden Gruppen der Zivilgesellschaft, fordern
die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats auf, den von einem breiten
Staatenbündnis unterstützten Resolutionsentwurf anzunehmen, der die
Lage in Syrien an den Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs
überstellen würde.
Nach mehr als drei Jahren eines Konflikts, der nach UN-Angaben
schon weit über 100.000 Menschenleben gefordert hat, verüben alle
Konfliktparteien ohne jede Bestrafung gewalttätige Verbrechen. Ein
Ende ist nicht abzusehen.
Weder die syrischen Behörden noch die Anführer nichtstaatlicher
bewaffneter Gruppen haben nennenswerte Maßnahmen ergriffen, um dafür
zu sorgen, dass die Schuldigen für die schweren
Menschenrechtsverbrechen der Vergangenheit und der Gegenwart zur
Rechenschaft gezogen werden. Dass die Verantwortlichen für diese
Ãœbergriffe nicht bestraft worden sind, hat nur zu weiteren
Gräueltaten aller Seiten geführt. Vor diesem Hintergrund betrachten
wir den Internationalen Strafgerichtshof als das Forum, das am
ehesten in der Lage ist, gegen diejenigen mit der größten
Verantwortung für schwere Verbrechen zu ermitteln, sie strafrechtlich
zu verfolgen und den Opfern in Syrien ein gewisses Maß an
Gerechtigkeit zu bieten.
Auch der jüngste, am 5. März 2014 veröffentlichte Bericht der
UN-Untersuchungskommission für Syrien (http://bit.ly/1gqLm0p) hat
festgestellt, dass alle Seiten des Konflikts in Syrien schwere
Völkerrechtsverbrechen begingen und dass der Sicherheitsrat bislang
nichts unternehme, um den Zustand der Straflosigkeit zu beenden. Die
Kommission, die seit ihrer Schaffung im August 2011 sieben
detaillierte Berichte veröffentlicht hat (http://bit.ly/1muA9M4),
empfahl dem Sicherheitsrat, dem Internationalen Strafgerichtshof ein
Mandat zu Untersuchung der Missstände in Syrien zu erteilen.
Ebenso haben mehr als 60 UN-Mitgliedsstaaten aus allen Teilen der
Welt, darunter zehn der derzeitigen Mitglieder des Sicherheitsrats,
sich dafür ausgesprochen, Verbrechen in Syrien durch den
Internationalen Strafgerichtshof zu verfolgen. Wir fordern alle
Mitglieder des Sicherheitsrats dringend auf, diesem Ruf nach
Gerechtigkeit Beachtung zu schenken. Weitere Staaten sollten den
Resolutionsentwurf öffentlich unterstützen und Russland und China
davor warnen, mit ihrer Vetomacht zu verhindern, dass Ãœbergriffe
aller Seiten verfolgt werden.
Als ständiges internationales Gericht mit dem Mandat zur
Verfolgung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die
Menschlichkeit in Fällen, in denen nationale Behörden dazu nicht
willens oder in der Lage sind, wurde der Internationale
Strafgerichtshof geschaffen, um genau auf die Art von Situation zu
reagieren, die derzeit in Syrien vorzufinden ist. Die Arbeit des
Gerichtshofs mag nur Teil einer in Syrien benötigten größeren
Anstrengung sein, Verbrechen zu bestrafen. Aber sie ist ein
entscheidender erster Schritt.
Deshalb fordern wir die Mitglieder UN-Sicherheitsrats dringend zum
Handeln auf, um dem Mangel an Rechenschaft für die
Menschenrechtsverstöße in Syrien entgegenzuwirken. Den Menschen in
Syrien kann keine weitere Enttäuschung oder Verzögerung zugemutet
werden."
Die Liste der 105 unterzeichnenden Organisationen finden Sie unter
bit.ly/1n0pmYC.
Insgesamt sind in Syrien seit Beginn des Aufstands gegen Präsident
Baschar al-Assad mindestens 153 Medienschaffende wegen ihrer Arbeit
getötet worden, die meisten davon (mindestens 116) einheimische
Bürgerjournalisten. Aktuell befinden sich mindestens mehr als 30
Medienschaffende in der Gewalt einer der Konfliktparteien oder werden
vermisst.
Reporter ohne Grenzen hat im Dezember den Bericht "Journalismus in
Syrien - ein Ding der Unmöglichkeit?" (http://bit.ly/19verlE) über
die Bedrohungen für Journalisten und Medien in dem Bürgerkriegsland
veröffentlicht. Weitere Informationen zur dortigen Situation finden
Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/syrien/.
Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Silke Ballweg / Christoph Dreyer
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www.reporter-ohne-grenzen.de
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