(ots) - Man darf gespannt sein, ob Angela Merkel die
Aufforderung aus der zweiten und dritten Reihe ihrer Koalition, den
türkischen Ministerpräsidenten am kommenden Samstag nicht in Köln
Wahlkampf machen zu lassen, aufnimmt. Passen würde ihr das schon.
Denn die Art und Weise, wie sich Erdogan zuhause aufführt, lässt die
ansonsten stets um Diplomatie bemühte Kanzlerin sehr vernehmlich mit
den Zähnen knirschen. Wie aber lässt sich ein eindrucksvolles Zeichen
setzen, ohne einen Großteil der zumeist extrem konservativ gesinnten
Türken hierzulande zu brüskieren? Denn Erdogan erfährt bei den
meisten von ihnen gerade wegen seiner kompromisslosen Art, gegen
seine Gegner vorzugehen, hohe Zustimmung. Für sie ist er der Retter
der Nation, der Architekt des wirtschaftlichen Aufschwungs, der
Ãœbervater, der schon deshalb fast alles richtig macht. Sollte er am
Samstag in Köln reden, wird man das laut und deutlich vernehmen
können - trotz der völlig indiskutablen Art und Weise, wie er auf das
Grubenunglück reagiert hat. Um Erdogan in die Schranken zu weisen,
braucht es also weit mehr als den Hinweis, er sei als Wahlkämpfer
hierzulande nicht willkommen. Doch was wären die richtigen
Instrumente, mit denen man jemanden wie Erdogan zur Räson bringt? Die
Wahrheit lautet: Es gibt keine, wenn man nicht zugleich die Menschen
in der Türkei mitbestrafen will. Und noch eines spielt Erdogan in die
Hände: Die Türkei wird jetzt mehr den je strategisch gebraucht, denn
die Ukraine liegt quasi um die Ecke. Sollte die Lage dort weiter
eskalieren, wird man auf sie keinesfalls verzichten können. Erdogan
mag auf dem Weg in den Größenwahn sein, doch er weiß, dass ihm
derzeit niemand an den Karren fahren kann. - Das ist die Wahrheit,
und sie ist bitter.
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