(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) begrüßt die Ankündigung
der Bundesregierung, keine Lieferungen digitaler
Ãœberwachungstechnologie an Unrechtsstaaten mehr zu erlauben. Damit
reagierte die Organisation auf Äußerungen von
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in der Süddeutschen Zeitung.
Demnach sollen Exporte von Überwachungstechnologie in Länder mit
problematischer Menschenrechtslage vorerst vom Zoll gestoppt werden,
bis auf EU-Ebene strengere Regelung für den Umgang mit diesen
Produkten beschlossen sind.
"Viele Regierungen bringen nicht zuletzt mit Hilfe westlicher
Ãœberwachungstechnologien kritische Journalisten und Blogger zum
Schweigen. Deshalb setzen wir uns seit langem dafür ein, dass solche
Technologien nicht in Staaten exportiert werden dürfen, die
Pressefreiheit und andere Menschenrechte mit Füßen treten", sagte
ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Die Ankündigung des
Bundeswirtschaftsministers ist ein positiver erster Schritt. Jetzt
werden wir aufmerksam beobachten, für welche Länder der Exportstopp
tatsächlich umgesetzt wird. In der Vergangenheit wurden
Menschenrechte in der Außenwirtschaftspolitik leider in der Regel
ignoriert."
Geheimdienste und Sicherheitsbehörden autoritärer Regime können
mit Hilfe leistungsfähiger Überwachungstechnologien etwa die
Computerfestplatten beliebiger Personen durchsuchen, ihre
verschlüsselten E-Mails mitlesen und Skype-Telefonate abhören. Teils
erlaubt die Software sogar das nachträgliche Hinzufügen von Dateien
und damit auch das Unterschieben gefälschter Beweise. Der zivile
Einsatz dieser Art von Ãœberwachungstechnologie ist sehr begrenzt;
einige Hersteller liefern ihre Produkte explizit nur an staatliche
Akteure wie Polizei, Geheimdienst oder andere Regierungsbehörden.
Deshalb müssen nach Ansicht von ROG bei der Prüfung entsprechender
Exporte die gleichen Kriterien angelegt werden wie beim Export
klassischer Kriegswaffen.
In Deutschland hatte sich das Bundesverfassungsgericht in seinem
Urteil zur Online-Durchsuchung 2008 ausführlich mit dieser
Problematik auseinandergesetzt. Dabei kamen die Richter zu dem
Ergebnis, dass der Einsatz solcher Technologie schon in einem
demokratischen Rechtsstaat wie Deutschland hochproblematisch und
deshalb nur unter sehr engen technischen und rechtlichen Vorkehrungen
zulässig ist.
Die Lieferanten der Überwachungsprodukte sind in vielen Fällen
Firmen aus westlichen Staaten wie Deutschland, Großbritannien,
Italien oder der Schweiz. Bekannte deutsche Größen der Branche sind
etwa Gamma International, Trovicor, Utimaco und Syborg. Ihre Produkte
wurden unter anderem nach Libyen, Bahrain und Ägypten geliefert. Auch
Syrien erhielt in der Vergangenheit deutsche Ãœberwachungstechnik.
Nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden Kritik
zivilgesellschaftlicher Gruppen haben die Vertragsstaaten des
Wassenaar-Abkommens für Waffenexportkontrollen Ende 2013 beschlossen,
mit sofortiger Wirkung bestimmte digitale Ãœberwachungstechnologien zu
regulieren. Dazu wurden diese Produkte die Liste der Güter
aufgenommen, die zivile wie auch militärische Verwendungen haben und
deshalb nur mit Genehmigung der Regierung des jeweiligen Exportlandes
ausgeführt werden dürfen.
Weiterführende Informationen:
- ROG-Stellungnahme vor dem Bundestags-Unterausschuss "Abrüstung,
Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung": http://bit.ly/1lBfgec
- Bündnis gegen Exporte von Überwachungstechnologie:
http://bit.ly/1j2upUy
- OECD-Beschwerde gegen Lieferanten digitaler
Ãœberwachungstechnologie an Bahrain: http://bit.ly/1o73Oen
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Silke Ballweg / Christoph Dreyer
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