(ots) - Seit Jahren beschäftigt das Thema Delfinarien die
Politik und die Öffentlichkeit. Noch im letzten Juni beschloss der
Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP nach einer
Expertenanhörung die Haltung von Delfinen in Gefangenschaft aufrecht
zu erhalten, nachdem Bündnis90/Die Grünen einen Antrag auf ein
Haltungsverbot gestellt hatte. Die SPD hatte sich im Bundestag
enthalten. Im NRW-Landtag steht eine gleichlautende Entschließung an,
nachdem die Piratenpartei ebenfalls ein Haltungsverbot beantragt hat.
Grüne und Piraten ließen sich bei ihren Anträgen jeweils vom Wal- und
Delfinschutz-Forum (WDSF) beraten, das jetzt zum Wahlboykott der
Delfinarienbefürworter in der Politik aufruft.
Die NRW-SPD hatte sich bereits im Vorfeld der anstehenden
Landtagsentscheidung noch vor einer Expertenanhörung für die
Beibehaltung von Delfinarien ausgesprochen und zog sich damit den
Zorn des grünen Koalitionspartners zu, der sich gegen die
Delfinhaltung stellt. Auch wenn es nach vormals 12 Delfinhaltungen in
Deutschland nur noch die Zoo-Delfinarien in Duisburg und Nürnberg
gibt, ist nicht ausgeschlossen, dass weitere nach der politischen
Absegnung hinzukommen, meint das WDSF. Henning Höne, Mitglied des
FDP-Landesvorstands in NRW, ließ in einem gestrigen Schreiben an das
WDSF die Plenumsentscheidung seiner Partei offen.
Das Bundeskanzleramt äußert sich aktuell: "Für ein Verbot von
Delfinarien sieht die Bundesregierung derzeit keine Veranlassung."
Damit stehen die CDU/CSU und die SPD sowie die FDP auch auf Europa-
und Landesebene in der Kritik der Tierfreunde. Auf WDSF-Anfrage haben
sich Grüne, Linke, Piraten und die Tierschutzpartei gegen eine
Delfinhaltung ausgesprochen, wie das WDSF ebenfalls kompromisslos
fordert.
Das am 7. Mai vorgestellte neue Säugetiergutachten als Grundlage
der Delfinhaltung sei "ein Grundlagenpapier zur Förderung von
Tierquälerei", meint WDSF-Geschäftsführer Jürgen Ortmüller: "Demnach
müssen jeweils 14 Delfine, die bei den derzeitigen Platzverhältnissen
in Duisburg und Nürnberg gehalten werden dürften, in einem
Betonbecken mit 1.275 Quadratmeter ihr klägliches Dasein fristen. Das
entspricht in einem Mehrbeckensystem mit jeweils zwei Hauptbecken
gerade mal einer Größe von jeweils etwa 25 mal 25 Metern, die
aufgrund der Aufteilung noch nicht einmal pro vorhandenem Becken
erreicht werden. Das betrachten wir für die quirligen Meeressäuger
als Tierquälerei und als einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz."
Offenbar hat auch das Zuschauerinteresse in Duisburg und Nürnberg
sehr nachgelassen. Beide Zoos mit Delfinarien verloren alleine im
letzten Jahr jeweils rund 100.000 Besucher und kämpfen um ihre
finanzielle Existenz. Die beiden Zoos schieben den Besucherrückgang
in allen letzten Jahren auf schlechtes Wetter.
Derweilen ruft das WDSF zum Wahlboykott der
"Delfinarienbefürworter-Parteien" auf, wie die Tierschutzorganisation
es formuliert. Erst im März hatte sie dem tierschutzpolitischen
Sprecher der SPD-NRW, Frank Börner, und der Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft (SPD) rund 2000 kritische Beiträge zum angekündigten
SPD-Entscheid übergeben.
Vor der Bundestagswahl im letzten Jahr hatte das WDSF nach einem
Wahlboykottaufruf gegenüber der FDP immerhin über eine Million Nutzer
im sozialen Netzwerk von Facebook erreicht. Hinzu kommt der Frust der
Tierschützer, dass die Ex-Bundesjustizministerin, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), und der jetzige Bundesminister
Heiko Maas (SPD) einen Auslieferungshaftbefehl gegenüber dem
legendären Sea Shepherd Gründer und Mitglied des WDSF-Kuratoriums,
Paul Watson, über Interpol auf Antrag des Walfangstaates Japan nicht
aufgehoben haben.
Jürgen Ortmüller: "Es ist ein legitimes demokratisches Mittel der
Tierschutzseite zum Wahlboykott der CDU, SPD und FDP auf Europa- und
Kommunalebene aufzurufen. Wir Tierschützer sind stinksauer auf
Parteien, die Tierquälerei unterstützen."
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