(ots) - Mit großer Sorge beobachtet Reporter ohne Grenzen
(ROG) die andauernden Ãœbergriffe gegen Journalisten in Teilen der
Ukraine. Prorussische Bürgerwehren entführen Journalisten, um sie
mundtot zu machen oder Lösegelder zu erpressen. Radikale ukrainische
Nationalisten rufen zu ähnlichen Taten auf. Die ukrainische Armee
nimmt immer wieder russische Journalisten fest, die anschließend von
offizieller Seite als Terroristen dargestellt werden. Während die
internationale Aufmerksamkeit sich derzeit vor allem auf die
eskalierende Lage im Osten des Landes richtet, bleibt die Lage auch
für Medienschaffende auf der Krim gefährlich.
"Es ist erschreckend zu sehen, wie Journalisten in der Ukraine
zwischen die Fronten geraten und zum Spielball politischer Interessen
werden. Dass wir heute über Folter und Entführung von Journalisten im
Herzen Europas sprechen müssen, zeugt von einem schwer vorstellbaren
Ausmaß an politischer Verrohung", sagte ROG-Geschäftsführer Christian
Mihr. "Journalisten müssen auch in einer Konfliktsituation in der
Lage sein, unbehelligt über die Aktivitäten aller Akteure zu
recherchieren und zu berichten."
Die ROG-Partnerorganisation Institute of Mass Information (IMI)
hat seit Jahresbeginn 218 Angriffe auf Journalisten in der Ukraine
gezählt. (http://imi.org.ua/en) Allein in der Woche vom 10. bis zum
16. Mai zählte das IMI 15 tätliche Angriffe; unter anderem wurden
Journalisten beschossen, entführt und gefoltert
(http://bit.ly/1jFGKE2).
So wurden in Simferopol am vergangenen Sonntag - dem 70. Jahrestag
der Deportation der Krimtataren - sechs Journalisten festgenommen und
mehrere Stunden lang von russischen Sicherheitsdiensten verhört.
Einer der Festgenommenen war Osman Paschajew, der sich seit Langem
für die Minderheit der Krimtataren einsetzt und zu Beginn der
russischen Krim-Besetzung einen alternativen "Offenen Krimkanal"
einrichtete. Im Laufe der Festnahme wurden Paschajew und sein
Kameramann Dschengis Kysgin geschlagen und ihr Arbeitsgerät
entwendet. Nach seiner Freilassung hat Paschajew die Krim verlassen,
da ein Verfahren gegen ihn eingeleitet werden sollte.
(http://bit.ly/1jX8NsS)
Ebenfalls in Simferopol nahm am Montag eine bewaffnete Bürgerwehr
Petr Ruzanow vom kremlkritischen russischen Fernsehsender TV Doschd
fest. Dabei wurde der Journalist getreten, Teile seiner Ausrüstung
wurden zerstört. (http://bit.ly/1o8MmbO)
Im Osten der Ukraine wurden am Montag Oleg Sidjakin und Marat
Sajtschenko, Korrespondent und Kameramann des russischen
Fernsehkanals Lifenews von der ukrainischen Armee festgenommen. Sie
sollen eine pro-russische Miliz begleitet haben, die ein Flugfeld bei
Kramatorsk (Donezker Gebiet) besetzen wollte. (http://bit.ly/1vKx2nF)
Die Vizechefin des ukrainischen Nationalen Sicherheits- und
Verteidigungsrates bezichtigte die Journalisten, sei seien Teil einer
"Terrorgruppe" gewesen. (http://bit.ly/1k7mR80)
Der von prorussischen Separatisten entführte und über drei Wochen
lang in Donezk festgehaltene ukrainische Journalist Serhij Schapowal
wurde mit Elektroschocks und Messerschnitten in die Hände dazu
gezwungen, vor laufender Kamera die Separatisten als unbewaffnete
Zivilisten zu beschreiben, bevor sie ihn am 18. Mai freiließen. Die
Aufnahmen wurden anschließend im Lokalfernsehen ausgestrahlt.
(http://bit.ly/1gS94mm)
Ebenfalls in Donezk wurde am 6. Mai die ukrainische Fotografin
Milana Omeltschuk von Separatisten entführt und bis zum 18. Mai
festgehalten. Während ihrer Gefangenschaft wurde sie mit Drogen
ruhiggestellt und bekam nur alle zwei Tage Essen. Die Entführer
verlangten Lösegeld von der Familie der Journalistin und ließen sie
erst frei, als deutlich wurde, dass die Familie das Geld nicht würde
aufbringen können. (http://bit.ly/TwXmTK)
Im ostukrainischen Slawjansk wurde der deutsche Journalist Paul
Ronzheimer von der Bild-Zeitung von einem russischen Kollegen
bedroht, nachdem er über Wahlbetrug beim umstrittenen Referendum der
Separatisten berichtet hatte. Per Twitter rief Dmitrij Steschin, der
für die russische Zeitung Komsomolskaja Prawda schreibt, prorussische
Milizen zur Entführung Ronzheimers auf. (http://on.fb.me/1gmujMC)
Ronzheimer musste daraufhin aus Slawjansk fliehen. Steschin befindet
sich angeblich unter den knapp 300 russischen Journalisten, die für
"Objektivität und Professionalität in der Berichterstattung über die
Ereignisse in der Republik Krim" einen Orden von Präsident Wladimir
Putin erhalten sollen.
ROG übernimmt im Rahmen seiner Nothilfearbeit die Kosten
medizinischer Behandlung für mehrere verletzte Journalisten und
hilft, zerstörte Ausrüstungsgegenstände von Redaktionen zu ersetzen.
Die Ukraine steht auf Platz 127 von 180 Ländern in der
ROG-Rangliste der Pressefreiheit. Weitere Informationen zur
Pressefreiheit in der Ukraine finden Sie unter
www.reporter-ohne-grenzen.de/ukraine/.
Pressekontakt:
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Silke Ballweg / Christoph Dreyer
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