(ots) -
- Fünf Servicekiller behindern den erfolgreichen Ausbau dieses
Geschäftsfelds in Industrieunternehmen
- Vorhandene Ertragspotenziale werden bei Weitem nicht
ausgeschöpft
- Führende Unternehmen zeigen, wie Serviceerfolg funktioniert
Der typische Industriegüterhersteller bedient nur zehn bis 25
Prozent seiner installierten Basis mit Serviceleistungen. Das
verschenkte Marktpotenzial ist somit enorm. Immerhin generiert das
bereits existierende Servicegeschäft zwischen 20 und 25 Prozent der
Umsätze und macht rund 50 Prozent der Gewinne der europäischen
Industriegüterhersteller aus. Zudem wächst dieses Segment relativ
stabil mit fünf Prozent im Jahr - unabhängig von den starken
Schwankungen im Investitionsgütermarkt. Dies zeigt die Studie
"Service Now! Time to Wake Up the Sleeping Giant" der internationalen
Managementberatung Bain & Company. Demnach könnten viele
Industrieunternehmen ihr Servicegeschäft verdoppeln oder sogar
verdreifachen. Das volle Potenzial zu beziffern, fällt den
Unternehmen aber noch schwer.
Die Erkenntnis, dass Service in Zukunft immer wichtiger wird und
bei zahlreichen Investitionsgüterherstellern heute bereits die Hälfte
des Gewinns ausmacht, setzt sich langsam durch. Dennoch fällt es
vielen Unternehmen schwer, ihr Servicegeschäft auszubauen. Etliche
Initiativen der letzten Jahre führten nicht zum erhofften Erfolg,
weil sie an der Umsetzung scheiterten. Insgesamt wachsen die
Serviceumsätze der Industriegüterhersteller zu langsam - in den
vergangenen zehn Jahren lagen sie lediglich bei rund 25 Prozent des
Gesamtumsatzes.
Gleichwohl gibt es zahlreiche Unternehmen, die ihr Servicewachstum
erfolgreich vorangetrieben haben. Dazu zählen die multinationalen
Konzerne ABB und Siemens, welche ganz gezielt in Servicewachstum
investieren. Sie sind Beleg dafür, dass ein wachstumsstarkes
Servicegeschäft neben einer Strategie und deren konsequenten
Umsetzung auch einen Kulturwandel in den traditionell
produktorientierten Industrieunternehmen erfordert.
"Es gilt, die klassischen Stärken eines Industriegüterherstellers
um die eines modernen Dienstleisters zu ergänzen", erklärt Michael
Füllemann, Partner bei Bain & Company und Autor der Studie. "Der
Service ist ein anderes Geschäft mit eigenen Regeln und
Erfolgsfaktoren. Daher muss er mit einer speziellen Philosophie und
angepassten Prozessen betrieben und von Menschen geführt werden, die
sich für diese Aufgaben eignen."
Die fünf Servicekiller
1. Marktunkenntnis: Nur wenige Unternehmen kennen ihr volles
Servicepotenzial, das sich entlang der Dimensionen installierte
Basis, Kunden, Standorte und Servicearten definiert. Dadurch werden
Umsätze verschenkt, und es entstehen Lücken in Servicestrategie,
Standortplanung und Vertrieb.
2. Teilsortiment: Die aus der Innensicht der Unternehmen heraus
entwickelten Serviceprodukte decken den Kundenbedarf über den
gesamten Lebenszyklus meist nur ungenügend ab. Das führt zu
entgangenen Serviceumsätzen, unzufriedenen Kunden und öffnet
Drittanbietern den Weg in die eigene Servicedomäne.
3. Probieren statt studieren: Oft hängt die praktische
Verfügbarkeit von Serviceangeboten mehr von lokalen Kompetenzen ab
als von gut entwickelten Geschäftsmodellen. Eine konsequente
Industrialisierung der Services in der Fläche fehlt ebenso wie eine
stringente Personalentwicklung zum Aufbau von Servicekompetenz.
4. Reaktiver Verkauf: In vielen Unternehmen versäumt es der
Servicevertrieb, aktiv mit Angeboten auf die Kunden zuzugehen.
Stattdessen beantwortet der Service lediglich Kundenanfragen und
erbringt die erwartete Leistung oft nur unzureichend. Kunden beklagen
sich immer wieder über zu lange Lieferzeiten für kritische
Ersatzteile.
5. Lippenbekenntnis: Sehr häufig wird der Servicewachstumsplan
nicht durch die erforderlichen operativen Kompetenzen und Ressourcen
unterstützt. So werden Mitarbeiter oft erst eingestellt, wenn ihre
Auslastung durch garantierte Serviceumsätze gesichert ist. Dabei
müssen gerade Servicemitarbeiter hinreichend ausgebildet sein, um vor
Ort selbstständig Kundenprobleme lösen zu können.
"Die zu vorsichtige Personalpolitik ist ein typischer Fall, wie
für einen Industriegüterhersteller sinnvolle Prozesse zum Hemmschuh
für das Wachstum des Servicegeschäfts werden", so Bain-Experte
Füllemann. "Deshalb ist neben einer überzeugenden Servicestrategie
auch eine kulturelle Servicetransformation nötig, welche eine
erfolgreiche Umsetzung ermöglicht."
Service braucht eine Kulturrevolution
Servicewachstumsinitiativen von Industrieunternehmen zeigen eine
Reihe von Besonderheiten, die im Rahmen einer Servicetransformation
adressiert werden müssen. Hier geht es vor allem darum, eine
geeignete Organisation und Kultur zu entwickeln und zu unterstützen.
Für eine erfolgreiche Transformation muss Service eine
gleichberechtigte Instanz im Unternehmen werden. Die
Serviceorganisation sollte durch eine Führungskraft im Topmanagement
repräsentiert sein. Zudem gehört Service auf die Agenda jeder
Vorstandssitzung. Alle Mitarbeiter müssen den Unternehmenswandel vom
Produkt- zum Lösungsanbieter verstehen lernen. Voraussetzung dafür
ist, die Serviceinitiative über alle Hierarchieebenen hinweg
transparent zu kommunizieren. Die Mobilisierung der Mitarbeiter im
Feld ist eine große Herausforderung, denn eine
Servicewachstumsinitiative muss oft weltweit Tausende von Personen
ansprechen und motivieren, von denen viele gar nicht an einem
Unternehmensstandort arbeiten. Für die insgesamt eher zentral
agierenden Industriegüterhersteller ist das eine ungewohnte Aufgabe.
Zentrale Bedingung für mehr Servicewachstum ist die Aufwertung
dieses Bereichs innerhalb des Unternehmens. Schon heute
erwirtschaftet der Service aller Industriegüterhersteller im
Durchschnitt die Hälfte der Gewinne. Doch Servicemitarbeiter und
-produkte gelten noch immer mehr als Folgegeschäft, denn als Teil des
Kerngeschäfts.
In der Selbstsicht der meisten Industriegüterhersteller dominieren
die technische Überlegenheit der Produkte und das Denken in großen
Umsätzen. Für eine höhere Serviceorientierung müssen diese Aspekte
systematisch erweitert werden. Dies bedeutet, dass auch überlegener
Kundennutzen und das kleinere, aber sehr profitable, repetitive
Servicegeschäft einen adäquaten Stellenwert einnehmen müssen.
Im Verlauf einer Servicetransformation sind auch Bedenken vor
einem Macht- und Kontrollverlust im klassischen Produktgeschäft zu
überwinden. Bei Industrieunternehmen überwiegen traditionell zentrale
Entscheidungsprozesse. Service benötigt jedoch dezentrale Prozesse.
Deshalb gilt es, einen organisatorischen Rahmen zu schaffen, der es
den Mitarbeitern erlaubt, vor Ort selbstständig die notwendigen
Entscheidungen zu treffen.
"Serviceerfolg hängt zu einem viel größeren Teil vom Menschen ab,
als es im traditionellen Industriegütergeschäft der Fall ist",
resümiert Füllemann. "Entsprechend ist neben der richtigen
Servicestrategie die Entwicklung, Motivation und Befähigung von
Mitarbeitern weltweit von entscheidender Bedeutung."
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