(ots) - Die chinesische Regierung schränkt mit neuen
Verordnungen die Arbeit von Journalisten noch weiter ein. Das
staatliche Amt für Presse, Radio, Film und Fernsehen (SAPPRFT) in
Peking gab jetzt entsprechende Pläne bekannt. Demnach dürfen
Redaktionen und einzelne Journalisten künftig nur noch über Themen
und Regionen berichten, die in ihren definierten
Zuständigkeitsbereich fallen. Verboten werden soll zudem, dass
Journalisten auf eigenen Blogs oder Webseiten Nachrichten posten. In
China ist es bislang gängige Praxis, dass Journalisten auf privaten
Blogs oder in sozialen Netzwerken wie dem Twitterklon Weibo brisante
Informationen oder Fotos weitergeben, die sie in den offiziellen,
staatlich gelenkten Medien unterdrücken müssen.
"Die Regierung unter Xi Jinping geht mit neuer, erschreckender
Härte gegen die Meinungs- und Pressefreiheit in China vor und will
offenbar die lebhaften und teils sehr kritischen Äußerungen bei Weibo
im Keim ersticken", sagt ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in
Berlin. "Die neuen Regeln sind ein Maulkorb für alle Journalisten und
schränken Reporter auch als Privatperson ein, denn sie unterliegen
künftig sogar in ihrer Freizeit der strengen Zensur."
Auch die Möglichkeiten der Nachrichtenverbreitung in den
traditionellen Medien werden weiter eingeengt: Dort müssen
Journalisten von ihren Redaktionen künftig eine Erlaubnis einholen,
bevor sie kritische Berichte publizieren. Offiziell will die
Regierung mit den Maßnahmen die Verbreitung von Unwahrheiten sowie
Korruption und Erpressung unterbinden. In der Praxis bedeuten sie
aber ein massives Hemmnis bei der ohnehin schon streng zensierten
Weitergabe von Nachrichten. Journalisten, die gegen die Verordnungen
verstoßen, müssen von ihren Redaktionen den Behörden überstellt
werden und können ihre Lizenz verlieren.
Seit Xi Jinpings Aufrücken an Chinas Staats- und Parteispitze
gehen die Behörden mit neuer Entschlossenheit gegen Kritiker vor. Im
Vorfeld des 25. Jahrestags des Massakers am Platz des Himmlischen
Friedens in Peking am 4. Juni dieses Jahres haben die
Sicherheitskräfte mehrere Aktivisten, Blogger und Journalisten
festgenommen, etwa den bekannten Menschenrechtsanwalt Pu Zhiqiang
oder die Journalistin Gao Yu. Die 70-Jährige arbeitet unter anderem
für die Deutsche Welle und ist bereits seit Ende April in Haft.
Anfang Mai wurde sie im chinesischen Staatsfernsehen CCTV mit einem
öffentlichen Schuldeingeständnis vorgeführt.
Generell unterstehen die Medien in China einer strengen Kontrolle
durch den Staat. Das Propagandaministerium verschickt täglich
Direktiven, um die Berichterstattung zu steuern. Themen wie die
Selbstverbrennungen von Tibetern oder die Reichtümer von Mitgliedern
der chinesischen Staatsführung werden in den Medien unterdrückt. Die
mehr als 300.000 chinesischen Redakteure und Reporter sind seit
vergangenem Jahr zum Besuch von Schulungen in marxistischer Ideologie
verpflichtet. Facebook, YouTube und Twitter sind seit 2009 blockiert.
Schon im September vergangenen Jahres erschwerten die Behörden die
Aktivitäten beim chinesischen Twitterklon Weibo. Seither können
Nutzer mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden, wenn sie bei
Weibo sogenannte Gerüchte verbreiten und diese mindestens 500 Mal
weitergeleitet werden. Was unter einem Gerücht zu verstehen ist,
haben die Behörden jedoch nicht klar definiert.
Auch Veröffentlichungen über die lukrativen Geschäfte der Pekinger
Polit-Elite in internationalen Finanzoasen - die sogenannten China
Leaks - werden zensiert. Reporter ohne Grenzen macht sie über seine
Webseite We Fight Censorship zugänglich (vgl. http://bit.ly/1r9chCq
und http://bit.ly/1mOUn2Y).
Im Rahmen seiner Nothilfearbeit hat Reporter ohne Grenzen im
vergangenen Jahr für den Blogger Liu Dejun ein Stipendium beim
deutschen PEN-Zentrum vermittelt. Der Aktivist war in China wegen
seiner Menschenrechtsarbeit mehrmals inhaftiert und gefoltert worden.
Auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht China auf Platz 175
von 180 Ländern. Derzeit sind in dem Land mindestens 32 Journalisten
und 73 Blogger wegen ihrer Arbeit in Haft, so viele wie in keinem
anderen Land der Welt.
Weitere Informationen unter www.reporter-ohne-grenzen.de/china/
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