(ots) - Anlässlich des Internationalen Tags des
Folteropfers erklärt Petra Follmar-Otto, Leiterin der Abteilung
Menschenrechtspolitik Inland/Europa:
"Die Vereinten Nationen haben bei der Überprüfung der Umsetzung
des Zusatzprotokolls zur UN-Antifolterkonvention in Deutschland in
ungewöhnlich scharfer Form darauf hingewiesen, dass die 'Nationale
Stelle zur Verhütung von Folter' in Wiesbaden die völkerrechtlichen
Anforderungen nicht erfüllt.
Der Bericht des UN-Unterausschusses zur Verhütung von Folter (SPT)
von 2013 hat das Dilemma der Nationalen Stelle klar zu Tage gebracht:
Sie ist eine Stelle mit einem umfassenden Auftrag, den sie aber
aufgrund ihrer Ausgestaltung und geringen finanziellen Ausstattung
unmöglich erfüllen kann. Angesichts des absoluten Verbots von Folter
und Misshandlung und der daraus resultierenden Notwendigkeit
wirksamer Prävention ist dies ein erschreckender Befund. Bislang sind
grundlegende Konsequenzen in Deutschland ausgeblieben.
Bundesregierung und Bundesländer sollten deshalb jetzt die
personellen und finanziellen Ressourcen der Nationalen Stelle
stufenweise erheblich verstärken und das Prinzip der Ehrenamtlichkeit
der Mitglieder aufheben. Das Besetzungsverfahren für die Stelle
sollte transparent und unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft
ausgestaltet und die Verpflichtung zur multidisziplinären,
vielfältigen und geschlechtergerechten Besetzung der Stelle
festgeschrieben werden.
Denn nur eine starke, unabhängige Nationale Stelle kann
systematisch alle Haft- und Gewahrsamseinrichtungen in Deutschland
überprüfen, auf Missstände hinweisen und Vorschläge für strukturelle
Verbesserungen zum Schutz vor grausamer, unmenschlicher und
erniedrigender Behandlung machen.
Die Justizministerkonferenz wird am 24./25. Juni in Binz über die
Erhöhung des Jahresbudgets der Nationalen Stelle entscheiden. Die
voraussichtliche Aufstockung von 300.000 auf 540.000 Euro ist
unzureichend. Um ein vergleichbares Niveau wie in Frankreich.
Österreich und der Schweiz zu erreichen, müsste das Budget hingegen -
gemessen an der Einwohnerzahl - etwa verzehnfacht werden."
Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter in Wiesbaden ist
zuständig für die Überprüfung von Strafvollzug und Untersuchungshaft,
Jugendstrafvollzug und Jugendarrest, Gewahrsamseinrichtungen der
Polizei und des Zolls, Abschiebehaft, Haft- und Arresteinrichtungen
der Bundeswehr. Darüber hinaus überwacht sie den Freiheitsentzug in
der Psychiatrie, in Alten- und Pflegeheimen, in Einrichtungen für
behinderte Menschen und in der geschlossenen Unterbringung von
Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Jugendhilfe.
http://www.nationale-stelle.de/
Weitere Informationen:
Petra Follmar-Otto (2014): Verhinderung von Folter und
Misshandlung - kein Thema für Deutschland? Berlin: Deutsches Institut
für Menschenrechte. (aktuell 4/2014) http://ots.de/Z6GbN
Follmar-Otto, Petra (2013): Die Nationale Stelle zur Verhütung von
Folter fortentwickeln! Zur völkerrechtskonformen Ausgestaltung und
Ausstattung. Policy Paper Nr. 20. Berlin: Deutsches Institut für
Menschenrechte. http://ots.de/aQLZ0
Bericht des UN-Unterausschusses zur Verhütung von Folter (SPT)
2013 http://ots.de/ldamt
Foto von Petra Follmar-Otto, Leiterin der Abteilung
Menschenrechtspolitik Inland/Europa (Copyright: DIMR/Amélie Losier)
Sie können das Foto gerne für journalistische Zwecke unter Angabe des
Copyrights honorarfrei nutzen. http://ots.de/y56Pc
Pressekontakt:
Bettina Hildebrand, Pressesprecherin
Telefon: 030 25 93 59 - 14 * Mobil: 0160 96 65 00 83
E-Mail: hildebrand(at)institut-fuer-menschenrechte.de