(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) ist bestürzt über die
Haftstrafen für drei Journalisten des Fernsehsenders Al-Jazeera
English in Ägypten. "Dieses schockierende Urteil bedeutet einen neuen
Tiefschlag für die Pressefreiheit in Ägypten", kritisierte
ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Nun ist amtlich, dass
Journalisten in Ägypten für ihre bloße Berufsausübung zu Terroristen
abgestempelt werden können. Die drei heute Verurteilten müssen ebenso
wie alle anderen inhaftierten Journalisten sofort und bedingungslos
freigelassen werden."
Ein Gericht in Kairo hatte am Montag den Australier Peter Greste,
seinen kanadisch-ägyptischen Kollegen Mohamed Adel Fahmi und den
Ägypter Baher Mohamed zu jeweils sieben Jahren Haft verurteilt, weil
sie mit der Veröffentlichung falscher Nachrichten zum Schaden der
nationalen Interessen eine terroristische Organisation - gemeint ist
die verbotene Muslimbruderschaft - unterstützt hätten. Ferner hätten
sie die Aktivitäten weiterer Beschuldigter mit Geld, Ausrüstung und
Informationen unterstützt.
Der Prozess gegen die seit Ende Dezember inhaftierten
Al-Jazeera-Journalisten war von grotesken Verfahrensmängeln
gekennzeichnet. Als Beweismaterial wurden im Gerichtssaal unter
anderem Videos ohne jeden Bezug zu den Vorwürfen gegen die
Journalisten vorgeführt. Mehrere der ursprünglich 20 vom
Generalstaatsanwalt benannten Beschuldigten haben keinerlei
nachvollziehbare Beziehung zu Al-Jazeera.
Das Urteil steht in krassem Widerspruch zur neuen, im Januar per
Referendum verabschiedeten Verfassung Ägyptens. Diese garantiert
nominell die Pressefreiheit und verbietet es, Journalisten aufgrund
ihrer Veröffentlichungen zu inhaftieren.
Im Gegensatz zu den Al-Jazeera-Mitarbeitern sowie mehreren
weiteren, teils von Militärgerichten abgeurteilten Medienschaffenden
ist bislang auch niemand für den Tod von sechs Journalisten vor
Gericht gestellt worden, die seit dem Putsch vom 3. Juli 2013 wegen
ihrer Arbeit getötet worden. Fünf von ihnen starben durch Schüsse,
als sie über Proteste und Demonstrationen von Anhängern der
Muslimbruderschaft und des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi
berichten wollten.
Insgesamt sitzen derzeit mindestens 14 Journalisten in Ägypten in
Haft. Auch viele von ihnen wurden festgenommen, als sie über
Demonstrationen berichteten. Nun warten sie teils seit Monaten auf
ihre Anklage: zum Beispiel der junge Fotograf Mahmoud Abu Zied
(festgenommen am 14. August 2013) (http://ind.pn/1ksChmR) sowie die
Reporter Said Shihate und Ahmed Gamal von der Website Yaqin
(festgenommen am 30. Dezember).
Ãœberraschend freigelassen wurde am vergangenen Dienstag der
Al-Jazeera-Journalist Abdullah Al-Shami der seit dem 14. August 2013
ohne Anklage im Gefängnis saß und ebenfalls festgenommen wurde, als
er über die Auflösung eines Protestcamps von Mursi-Anhängern
berichtete. Er hatte seit dem 21. Januar mit einem Hungerstreik gegen
seine willkürliche Haft protestiert.
Regierung, staatliche und staatsnahe Medien flankieren die
Polizei- und Justizwillkür gegen Medien, indem sie ausländische
Journalisten und andere Kritiker pauschal als Spione diffamieren
(http://bit.ly/1o170J1). Das Ergebnis ist ein Klima der
Einschüchterung und Gewalt: Immer wieder erhalten kritische
Journalisten mehr oder wenige subtile Drohungen. Regelmäßig werden
Journalisten und Kamerateams auf den Straßen von aufgebrachten
Menschenmengen bedrängt und angegriffen (http://bit.ly/1gn51xW).
Auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Ägypten auf Platz
159 von 180 Ländern. Weitere Informationen zur Lage der
Pressefreiheit dort finden Sie unter
www.reporter-ohne-grenzen.de/ägypten/.
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