(ots) -
- Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring: Grenzen für öffentlich-rechtliche
Crosspromotion im Rundfunkstaatsvertrag verankern
- Diskussion zu UKW-Aufschaltung von BR PULS: Verschiebung auf
2018 darf keinen Automatismus beinhalten - rechtliche und
wirtschaftliche Fragen nach wie ungeklärt
- "Gegen eine 'Flottenstrategie' mit drei starken
BR-UKW-Programmen haben die Privaten in Bayern keine Chance"
Teilnehmer des Privatradios, des Bayerischen Rundfunks sowie aus
Medienaufsicht und Politik diskutierten gestern Nachmittag im
Münchner Literaturhaus bei der vierten VPRT radio lounge unter dem
Titel "Radio auf allen Kanälen" über die Zukunft der analogen und
digitalen Radioverbreitung sowie die Folgen von Cross-Promotion und
der Erweiterung von öffentlich-rechtlichen Jugendangeboten für dass
duale Rundfunksystem.
Zu Beginn des zweiten Teils der Veranstaltung, die unter dem Titel
"(Cross-) Promotion und Verbreitung" stand, fasste Prof. Dr.
Wolf-Dieter Ring, Rechtsanwalt und Präsident a.D. der Bayerischen
Landesanstalt für neue Medien (BLM), die aktuelle Markt- und
Regulierungssituation im Hörfunk in einem Impulsvortrag zusammen: Die
aktuelle Regulierung habe nach wie vor vor allem die
Fernsehregulierung im Blick. Die Medienpolitik beachte zu wenig die
Renaissance des Hörfunks. Die geplante Trimedialität des umstrittenen
Jugendkanals und weiterer öffentlich-rechtlicher Angebote dürfe nicht
mit crossmedialen Aktivitäten verbunden werden, die dem privaten
Rundfunk wettbewerbsrechtlich untersagt oder nicht möglich seien.
Hier müssten einschränkende Regelungen im Rundfunkstaatsvertrag zur
crossmedialen Bewerbung wie etwa nach österreichischem Vorbild
aufgenommen werden.
Anschließend diskutierten Markus Blume, Medienpolitscher Sprecher
der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, Prof. Dr. Christoph
Degenhart, Universität Leipzig, Karlheinz Hörhammer, Geschäftsführer
Antenne Bayern, Philipp von Martius, Geschäftsführer Studio Gong,
Siegfried Schneider, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für
neue Medien (BLM), und Martin Wagner, Hörfunkdirektor des Bayerischen
Rundfunks, unter Moderation von DWDL.de- Chefreporter Torsten Zarges
u. a. die geplante UWK-Aufschaltung des digitalen Jugendprogramms BR
PULS im Rahmen eines Frequenztausch mit BR-KLASSIK.
Unterschiedlich bewertet wurde die rechtliche Zulässigkeit dieses
Vorhabens. Während Prof. Dr. Degenhart die Ermächtigungsgrundlage im
Bayerischen Rundfunkgesetz als Verstoß gegen die anderslautende
Regelung im Rundfunkstaatsvertrag sieht, dem als Länderstaatsvertrag
verfassungsrechtlich eine übergeordnete Bedeutung zukomme, bewertete
Martin Wagner das Bayerische Rundfunkgesetz als die jüngere
gesetzliche Grundlage als einschlägig.
Markus Blume betonte, dass die Meinungsbildung zu diesem Thema in
der CSU-Landtagsfraktion noch nicht abgeschlossen sei. Er hoffe, dass
dieses Thema nicht rechtlich gelöst werden müsse. Eine Verschiebung
bis 2018 biete die Möglichkeit, eine Lösung zu suchen, die die
berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Privaten sowie die des
BR zum Ausgleich bringe. Dies könne etwa mit einer Festlegung der
Programminhalte von BR PULS erfolgen, die verhindern könnte, dass ein
drittes Massenprogramm des BR in Bayern entsteht. Sollte die
Digitalisierung der Radioübertragung bis 2018 deutlich
voranschreiten, könne sich die Diskussion zudem möglicherweise
dadurch relativieren.
Siegfried Schneider wies auf die unterschiedliche
Wettbewerbssituation der Privaten und des BR hin: Während der BR
seine Programmaufwendungen aus dem Rundfunkbeitrag zur Verfügung
gestellt bekomme, müssten die Privaten diese im Markt verdienen
können. Zudem seien die Privaten durch eine sehr viel schlechtere
Frequenzausstattung benachteiligt. Zu der Diskussion über die
Marktrelevanz von DAB+ mahnte Schneider, nicht auf die technische
Verfügbarkeit, sondern die tatsächliche Hörernutzung abzustellen.
Martin Wagner betonte die Notwendigkeit für den BR, mehr junge
Hörer zu erreichen. Das Hörerdurchschnittsalter des BR liege über 50
Jahren. Der BR müsse BR PULS als "Gebrauchsangebot" positionieren,
das da sei, wo die Hörer sind. "Wer die Hörer nicht hat, hat die
Zukunft verloren", so Wagner. Zudem relativierte er die Sorge vor
einem dritten Massenprogramm: BR PULS habe einen sehr hohen
Wortanteil und sei nicht im Massenmarkt positioniert.
Diesen Einordnungen widersprachen Karlheinz Hörhammer und Philipp
von Martius als Vertreter des privaten Radios in Bayern. Sie betonten
die einmalige Situation im bayerischen Radiomarkt, in dem es die
bundesweit höchste Radionutzung bei einem praktisch gleich verteilten
öffentlich-rechtlichen und privaten Marktanteil gebe. Eine
Aufschaltung von BR PULS auf UKW würde dieses Marktgleichgewicht
zerstören, kleine private Anbieter in der Existenz sowie die größeren
Anbieter in ihrer Wettbewerbsfähigkeit bedrohen und deren
Innovationskraft erheblich schwächen. Die Erfahrungen aus allen
anderen Bundesländern hätten gezeigt, dass die UKW-Jugendradios der
ARD-Anstalten schnell und konsequent als Massenmarktprogramme
ausgebaut worden seien. Ein weiteres Wettbewerbsprogramm neben BR 1
und BR 3 vertrage der gewachsene bayerische Radiomarkt nicht. "Eine
Verschiebung bis 2018 schafft diese Probleme nicht aus der Welt.
Gegen eine 'Flottenstrategie' mit drei starken BR-UKW-Programmen
haben die Privaten in Bayern keine Chance. Die Verschiebung darf
daher keinen Automatismus beinhalten, sondern muss an eine Lösung der
rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen gebunden sein", so Philipp
von Martius. Philip von Martius und Karlheinz Hörhammer appellierten
daher an den BR-Rundfunkrat und die Medienpolitik, stattdessen die
vorhandenen Programme für ein besseres Angebot für jüngere Hörer zu
nutzen. Zudem widersprachen sie der angeblichen Ãœberalterung der
BR-Hörer: Der BR erreiche bei den 10- bis 19-Jährigen und den 20- bis
29-Jährigen Hörern in der Gesamtheit seiner Radioangebote mehr als 30
Prozent der bayerischen Hörer.
Ãœber den VPRT:
Der VPRT ist die Interessenvertretung der privaten Rundfunk- und
Telemedienunternehmen. Mit ihren TV-, Radio-, Online- und
Mobileangeboten bereichern seine rund 140 Mitglieder Deutschlands
Medienlandschaft durch Vielfalt, Kreativität und Innovation. Damit
das auch in der digitalen Welt so bleibt, müssen die regulatorischen,
technologischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. Als
Wirtschaftsverband unterstützen wir unsere Unternehmen im Dialog mit
Politik und Marktpartnern beim Erreichen dieses Ziels - national und
auf EU-Ebene.
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