DIY wird immer beliebter. Ein Sozialwissenschaftlerüber die Begeisterung Dinge selbst zu machen und damit sogar ein Geschäft aufzubauen
(firmenpresse) - Der Trend geht immer mehr dahin, sich mit selbsthergestellten Dingen ein kleines Nebeneinkommen zu schaffen. Ja, manche werden sogar Ihr eigener Chef mit ihrer Schmuckkollektion. Was früher als Bastelei abgetan wurde, gilt heute als Do-It-Yourself oder mit dem dazugehören Kürzel DIY versehen, als schick. Wir sprachen mit dem Freiburger Soziologen Dr. Sacha Szabo (http://www.sacha-szabo.de/) , der für das Institut für Theoriekultur (http://institut-theoriekultur.de/) Alltagskulturen erforscht warum immer mehr Menschen sich für diesen Trend begeistern.
Warum ist Do-it-Yourself oder DIY im Moment so populär?
Sacha Szabo: Der Begriff Do-it-Yourself ist relativ neu, allerdings auch nicht so. Früher bezeichnete man halt diese Art des Selbermachens als basteln oder als heimwerken.
Aber zwischen heimwerken und dem aktuell populären Do It Yourself ist doch ein riesiger Unterschied.
Sacha Szabo: Ja, selbstverständlich. Das Heimwerken begann etwa Anfang der achtziger Jahre und hat sich inzwischen zu einem gewaltigen Wirtschaftszweig ausgeweitet. Die Verlockungsprämie des Heimwerkens bestand darin, dass man etwas viel preiswerter als eine Fachkraft leisten kann und dazu, so die Selbsteinschätzung, auch noch besser. Manchmal waren die Resultate auch objektiv besser, aber was bei dieser Rechnung selten hinzuaddiert wurde war die Arbeitszeit. Das Heimwerken ist nun mit dem aktuellen DIY-Trend insofern verwandt, als dass damals Tätigkeiten, die den traditionellen Rollenzuschreibungen entsprechend als männlich angesehen wurden, ausgeübt wurden. Das handwerkliche Geschick eines Mannes wurde stolz dem Kaffeekränzchen präsentiert und entsprechend bewundert. Jetzt kommen eher Tätigkeiten in Mode, die dem weiblichen Bereich zugerechnet werden.
Aber diese Zuschreibungen sind doch schon lange passe.
Sacha Szabo: Das stimmt, aber gerade in der Inszenierung scheinbar überholter Muster versichert man sich eben dieser. Und so ist es auch heute noch ein Thema, wenn eine Frau besonders gut handwerkelt oder ein Mann näht. Wobei in der Alltagsrealität diese Grenzen schon lange in Auflösung begriffen sind. Es ist eine Inszenierung von Rollenbildern.
Und warum?
Sacha Szabo: Wir erleben eine Individualisierung. Traditionelle soziale Strukturen sind in Auflösung begriffen, die Arbeitswelt wandelt sich und dazu verändert sich fast täglich die politische Landkarte. Die Besinnung auf die eigenen zwei Hände hat da etwas Eskapistisches. Um eine provokanten These in den Raum zu stellen: Do-It-Yourself ist postmoderner Biedermeier.
Es ist eine Art Weltflucht?
Sacha Szabo: Es ist eine Reaktion, keine Flucht. Mit der Standardisierung von Lebensstilen geht immer auch zugleich eine Individualisierung einher. Die Mode ist nicht mehr so verpflichtend wie noch vor 30 oder 40 Jahren, gleichzeitig ist das Diktat einen eigenen Stil zu finden nicht weniger drückend. Darauf reagiert man nun, indem man sich seine eigenen Dinge schafft. Es sind jetzt Dinge mit einer persönlichen Note.
Das ist doch schön!
Sacha Szabo: Ja es ist schön, manches zumindest. Die Verlockungsprämie dabei ist ja immer der Mythos. XY hat etwas gebastelt was bei Freunden und Kollegen so gut ankam, dass sie jetzt selbstständig ist. Der Tellerwäscher-zum-Millionär-Traum ist ja gerade deshalb so attraktiv, weil er verspricht man könnte frei sein. Tatsächlich aber folgt man der gleichen Warenlogik wie die internationalen Filialisten. Man versucht Gewinn zu erzielen und das nicht selten unter massiver Selbstausbeutung. Die Fahne der Freiheit, die dabei noch krampfhaft in die Höhe gehalten wird, ist dann das eigene Label an der selbstgestrickten Mütze.
Sie lassen wenig Gutes an diesem Trend.
Sacha Szabo: Oh, ich war auf einer ganzheitlich orientierten Schule. Ich kann die Faszination nachvollziehen zu wissen woher die Dinge stammen, die man nutzt. Aber bei dem aktuellen DIY-Trend geht es ja nicht um selbstgewebte Decken oder geschnitzte Löffel, sondern darum, dass diese Akteure eigene Labels in den Markt schicken. Sie wollen von vornherein marktkonforme Produkte liefern. Ich fände etwas Sperrigkeit ehrlich gesagt sympathischer.
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