(ots) - Am heutigen Donnerstag endet die Einwendungsfrist
für das Planfeststellungsverfahren zur Festen Fehmarnbeltquerung
zwischen Fehmarn und der dänischen Insel Lolland. Der NABU hat seine
kritische Stellungnahme gegen Europas größtes Infrastrukturprojekt
bei der deutschen Landesplanungsbehörde in Kiel eingereicht und
erneut kritisiert, dass das Verfahren überhaupt eröffnet wurde. Der
Bau des 18 Kilometer langen Absenktunnels, der ein einzigartiges,
europäisches geschütztes FFH-Schutzgebiet durchschneidet, soll 2015
beginnen und 2021 abgeschlossen werden.
"Fehlerhafte Berechnungen zum tatsächlichen Bedarf, lange
überholte Verkehrsprognosen, veraltete Kostenberechnungen: Die Feste
Fehmarnbeltquerung wird ökonomisch so desaströs enden wie Stuttgart
21 oder der Flughafen Berlin-Brandenburg. Hier soll mit Gesamtkosten
von bis zu 14 Milliarden Euro wieder einmal einem schlechten Projekt
gutes Geld hinterhergeworfen werden", sagte NABU-Präsident Olaf
Tschimpke. Aus Umweltsicht birgt das weltweit längste
Absenktunnelprojekt völlig unkalkulierbare Risiken. Angesichts des
bestehenden erheblichen Nutzungsdrucks durch Fischerei, Schifffahrt,
Offshore-Windkraft und weiteren Infrastrukturprojekten ist die Ostsee
eines der am stärksten gefährdeten und belasteten Ökosysteme
weltweit. "Bereits heute sind über 60.000 Quadratkilometer
Meeresboden tot - auch eine Folge der Auswirkungen durch bereits
bestehende Querungen an Öresund und Storebelt, die den für die Ostsee
lebenswichtigen Frischwasserzufluss massiv behindern", so Tschimpke.
Das größte Brackwassermeer der Erde sei endgültig am Limit.
Die Kritik an fehlerhaften Berechnungen zum Verkehrsaufkommen
sieht der NABU durch die aktuelle Raumwirtschaftlichkeitsanalyse des
Bundesverkehrsministeriums (BMVI) für den Bundesverkehrswegeplan 2015
bestätigt: Während die Anbindung von Metropolen und Zeitgewinnen
durch bessere Verbindungen als grundsätzliche Planungsziele genannt
werden, wird die Verbindungsqualität zwischen Hamburg und Kopenhagen
lediglich als "befriedigend" eingestuft. Demnach besteht keine
dringende Notwendigkeit zum Bau des Tunnels. Darüber hinaus gehen
unter anderem alle Prognosen fälschlicherweise davon aus, dass der
Fährbetrieb eingestellt wird, was nicht der Tatsache entspricht.
Eine vom NABU in Auftrag gegebene Plausibilitätsprüfung der
Verkehrsprognosen deckt zahlreiche weitere Ungereimtheiten auf. So
blieb das am stärksten wachsende Segment des Flugverkehrs in der
Bedarfsermittlung völlig unberücksichtigt, die im Zuge der Planungen
unterstellten überproportionalen Wachstumsraten für den Bahnverkehr
stimmen nicht mit amtlichen dänischen Statistiken überein und die
angenommene, 48-prozentige Steigerung des Pkw-Aufkommens angesichts
bereits heute rückläufiger Nutzermengen ist quasi unmöglich.
Neben der Kritik des Bundesrechnungshofes an den zu erwartenden
ausufernden Projektkosten wachsen die Zweifel an der Festen
Fehmarnbeltquerung mittlerweile auch bei dänischen
Infrastrukturexperten. "Selbst der ehemals hochrangige Mitarbeiter
des dänischen Verkehrsministeriums, Knud Erik Andersen, oder Per
Homann Jespersen von der Universität Roskilde, warnen angesichts
völlig falscher Annahmen in unterschiedlichen Publikationen
eindringlich vor den enormen ökonomischen Risiken mit den absehbaren
ökologischen Auswirkungen" so Malte Siegert, Fehmarnbeltexperte des
NABU.
Der NABU fordert die Bundesrepublik Deutschland und das Königreich
Dänemark auf, den 2008 geschlossenen Staatsvertrag ernst zu nehmen
und Artikel 22 zu befolgen. Dort heißt es wörtlich: "...Sollten die
Voraussetzungen für das Projekt oder Teile des Projektes sich
deutlich anders entwickeln als angenommen und anders, als zum
Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages bekannt, werden die
Vertragsstaaten die Lage aufs Neue erörtern...."
Die letzte Chance vor Beginn der entscheidenden Phase müsse
genutzt werden, um aus diesem ökonomisch wie ökologisch überflüssigen
Großprojekt auszusteigen.
http://www.nabu.de/themen/verkehr/verkehrspolitikprojekte/fehmarnb
elt/ Originaltext vom NABU
Pressekontakt:
Malte Siegert, NABU-Fehmarnbeltexperte und Leiter Umweltpolitik NABU
Hamburg, Tel.: 040-69 70 89 - 15, Mobil: 0173-937 3241, email:
Siegert(at)NABU-Hamburg.de
NABU-Pressestelle, Telefon: 0 30.28 49 84-1510, -1722, -1952
Telefax: 0 30.28 49 84-2500, E-Mail: Presse(at)NABU.de