(ots) - Führungskräfte in Deutschland legen größten Wert auf
persönliche Wertschätzung und individuelle Entwicklungsmöglichkeiten
in ihren Unternehmen. Sie erkennen aber gerade in dieser für sie
zentralen Wertedimension die größte Diskrepanz zwischen Wunsch und
Wirklichkeit - mit eindeutig negativen Auswirkungen auf ihre
Motivation. Zugleich hat die Bedeutung des Wertes Integrität vor dem
Hintergrund der jüngsten Manipulations- und Korruptionsfälle in der
Wirtschaft weiter zugenommen, so dass für die Führungskräfte
Integrität inzwischen als wichtiger angesehen wird als Vertrauen und
Verantwortung, die in früheren Jahren die Rangliste der wichtigsten
Werte angeführt hatten. Dies sind die zentralen Ergebnisse der
Führungskräftebefragung 2014 der Wertekommission - Initiative Werte
Bewusste Führung e. V. und des Reinhard-Mohn-Instituts für
Unternehmensführung und Corporate Governance der Universität
Witten/Herdecke (RMI), die unter der Leitung von Prof. Dr. Michèle
Morner durchgeführt wurde. Teilgenommen an der nunmehr sechsten
Befragung dieser Art der Wertekommission haben mehr als 350
Führungskräfte aller Altersgruppen und Unternehmensgrößen aus
Deutschland, davon knapp 90 Prozent aus dem mittleren oder dem
Top-Management.
Bei der diesjährigen Befragung wurde neben der HR-Orientierung
(Fokus auf Wertschätzung und Entwicklung von Führungskräften) das
Innovationsstreben (Fokus auf Weiterentwicklung und
Kundenorientierung) als wichtigste Wertedimension im Unternehmen
genannt. Leistungsorientierung und interne Stabilität kamen auf
deutlich niedrigere Ergebnisse. In der Realität wird von den
Führungskräften jedoch gerade die Leistungsorientierung als am
stärksten ausgeprägte Wertedimension erlebt. Bei der HR-Orientierung
zeigt sich die größte Differenz zwischen den persönlichen Werten der
Befragten im Vergleich zu den im Unternehmen erlebten Werten. Ähnlich
groß ist die Diskrepanz in der Dimension Innovationsstreben. Auch
hier wird die persönliche Relevanz sehr viel höher eingestuft als die
Umsetzung im Unternehmen gelingt.
"Eine möglichst große Übereinstimmung zwischen persönlichen Werten
der Führungskräfte und den Unternehmenswerten, auch dies zeigt die
Befragung der Wertekommission, erhöht die intrinsische Motivation und
fördert das eigenverantwortliche Handeln", erläutert Prof. Dr. Ludger
Heidbrink, Gastprofessor am RMI und Vorstandsmitglied der
Wertekommission. "Unternehmen sind daher gut beraten, gerade den weit
verbreiteten Wunsch nach Wertschätzung, persönlicher Entwicklung und
möglichst großen Entscheidungsspielräumen durch eine entsprechende
Unternehmenskultur zu unterstützen", so Heidbrink weiter.
Gibt es hingegen keine ausreichende Basis an gemeinsamen Werten im
Unternehmen, und mangelt es in der Folge an Selbststeuerung, sind die
Organisationen auf eine höhere Dichte an Vorschriften und Regeln
angewiesen. Das ist nicht per se negativ zu bewerten. Sofern diese
sogenannten Compliance-Maßnahmen transparent und nachvollziehbar
gestaltet sind, können sie sogar das Engagement und die
Kooperationsbereitschaft der Führungskräfte verstärken. Firmen und
Konzerne sollten deshalb regelmäßig ihre Compliance-Maßnahmen
überprüfen und auf die sich wandelnde Wertekultur im Unternehmen und
die Wertvorstellungen ihrer Führungskräfte abstimmen.
Eng verknüpft mit den aktuellen Debatten über eine vermehrte
Compliance ist die in den Augen der Führungskräfte weiter gestiegene
Bedeutung des Wertes Integrität. Er steht unter den sechs von der
Wertekommission definierten Kernwerten (Vertrauen, Verantwortung,
Integrität, Respekt, Mut und Nachhaltigkeit) in diesem Jahr erstmals
an der Spitze, gefolgt von Vertrauen und Verantwortung. Gleichzeitig
zeigt der deutliche Rückgang beim Wertebegriff Mut, dass sich
Führungskräfte - womöglich als Folge der Compliance-Diskussionen -
deutlich weniger zu unternehmerischem Handeln bekennen.
"Es bleibt offen, ob die wachsende Zahl von Vorschriften in den
Unternehmen nur die steigende Regulierungsdichte widerspiegelt oder
auch den Wunsch von Führungskräften und Mitarbeitern nach integrem
Verhalten reflektiert", betont Sven Korndörffer, Vorsitzender des
Vorstands der Wertekommission. "Fest steht jedoch, dass auch die
ausgefeiltesten Compliance-Systeme eine werteorientierte
Unternehmenskultur nicht ersetzen können."
Über die Führungskräftebefragungen der Wertekommission
Die seit 2006 regelmäßig von der Wertekommission durchgeführten
Führungskräftebefragungen dienen dem Ziel, das Denken und Handeln der
Entscheider in der Wirtschaft zum Thema Werte transparent zu machen.
Mit ihrer Mischung aus sich wiederholenden Fragen zum
Werteverständnis und wechselnden Fragen zu jeweils aktuellen
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themen im Kontext der
Wertedebatte sind die Führungskräftebefragungen der Wertekommission
in Deutschland eine in dieser Form einmalige Quelle, wenn es um die
Entwicklung des Werteverständnisses in der deutschen Wirtschaft geht.
Die detaillierten Ergebnisse der aktuellen Führungskräftebefragung
sind wie diejenigen der früheren Befragungen auf der Website der
Wertekommission einsehbar (www.wertekommission.de).
Ãœber die Wertekommission
Seit der Aufnahme ihrer Arbeit im Jahr 2005 ist der Begriff
"Wertekommission" zu einem Markenzeichen geworden. Der Untertitel
"Initiative Werte Bewusste Führung" macht das Anliegen des Vereins
noch klarer: Die Wertekommission, die auf dem ehrenamtlichen
Engagement von Führungskräften aus verschiedenen deutschen
Unternehmen und Institutionen basiert, tritt dafür ein, dass sich
Werte als Grundlage modernen Managements und erfolgreicher Führung
durchsetzen. Die von der Wertekommission definierten sechs Kernwerte
sind Vertrauen, Verantwortung, Integrität, Respekt, Mut und
Nachhaltigkeit. Sie wurden auf mittlerweile 37 so genannten
Werteforen intensiv diskutiert und geschärft, neu gefasst und wieder
überarbeitet. Die sechs Kernwerte bilden die Grundlage der Arbeit der
Wertekommission, die neben den Werteforen Führungskräftebefragungen
initiiert und Bücher zum Thema Werteorientierung publiziert, zuletzt
"Ihre Werte, bitte!" (2010 erschienen bei Gabler, liegt inzwischen in
2., erweiterter Auflage vor.
Ãœber das Reinhard-Mohn-Institut Das Reinhard-Mohn-Institut
für Unternehmensführung und Corporate Governance der Universität
Witten/Herdecke widmet sich aktuellen Fragen »guter«
Unternehmensführung, die in Anbetracht des gesellschaftlichen Wandels
relevant werden. Dazu werden die Kompetenzen in den Bereichen
Unternehmensführung, Corporate Governance und Controlling mit Themen
der Wirtschafts- und Unternehmensethik sowie der Führungspsychologie
und -soziologie verknüpft. Einzigartig ist dabei die Zusammenarbeit
der verschiedenen Disziplinen. Ökonomen, Juristen, Soziologen,
Wirtschaftsphilosophen und Vertreter anderer Fachrichtungen arbeiten
gemeinsam an den jeweiligen Themen und gewährleisten so eine
umfassende Betrachtung der Schnittstellenthemen wie beispielsweise
Unternehmenskultur, Corporate Social Responsibility oder
Entscheidungsprozesse in Aufsichtsräten (»Board Dynamics«) vor dem
Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels. Ziel ist es diese Themen
wissenschaftlich fundiert zu untersuchen, von den Erkenntnissen
entsprechende Gestaltungsempfehlungen abzuleiten sowie innovative
Formen der Lehre und des Lernens zu entwickeln. Auf diese Weise ist
eine Plattform entstanden, die Wissenschaftler, Führungspraxis und
Studierende zum (Weiter-) Denken anregen soll.
Pressekontakt:
Sven H. Korndörffer, Tel. 0172 2913333 (Vorstandsvorsitzender
Wertekommission)
Prof. Dr. Ludger Heidbrink, Tel. 0171 8362733