(ots) -
Cesario Lobos Fajardo stammt aus Guatemala. Alkoholmissbrauch und
häusliche Gewalt prägten seine frühe Kindheit. Als die Polizei den
kleinen Jungen eines Abends alleine aufgriff, schickte ihn ein
Richter ins Kinderdorf von nuestros pequeños hermanos (nph) nach San
André Itzapa. "Alle Kinder dort haben ähnliche Erfahrungen wie ich
gesammelt. Sie kennen Hunger, Armut oder waren Gewalt und Missbrauch
ausgesetzt", erzählt der heute 24-Jährige. Fajardo hatte Glück im
Unglück. Er fand ein neues Zuhause im nph-Kinderdorf. Viele Mädchen
und Jungen in Lateinamerika haben dieses Glück nicht. Sie sind
täglich Mord, Gewalt, organisierter Kriminalität und Armut
ausgesetzt. Mithilfe von Schleuserbanden gelangen sie in die
Vereinigten Staaten von Amerika (USA), in der Hoffnung, dort in
Sicherheit ein besseres Leben aufbauen zu können. Rund 57.000 Kinder
und Jugendliche wurden seit Oktober 2013 von den amerikanischen
Behörden aufgegriffen und in Notunterkünfte gesteckt. Die hohe Zahl
der Kinderflüchtlinge überfordert die US-Behörden zunehmend.
Präsident Obama traf Amtskollegen aus Lateinamerika
Letzte Woche traf der amerikanische Präsident Barack Obama seine
Amtskollegen aus Honduras, Guatemala und El Salvador. Er forderte sie
auf, alles zu tun, um den Zustrom der Kinderflüchtlinge zu begrenzen.
Die Obama-Administration denkt aber auch über ein Pilotprojekt nach,
bei dem der Flüchtlingsstatus eines Kindes direkt in seinem
Heimatland geprüft werden soll. Wird das Kind als Flüchtling
anerkannt, soll es mit dem Flugzeug in die USA gebracht werden.
Dadurch würde den Schleuserbanden ein Teil ihres erträglichen
Geschäfts entzogen.
Rückverlagerung des Problems in Heimatländer
Bei dem Ansatz der US-Administration stellt sich die Frage, ob
Präsident Obama das Problem der Flüchtlingskinder wieder zurück in
die Heimatländer verlagern möchte. Das eigentliche Problem, die hohe
Armut in vielen Ländern Lateinamerikas und die hohe Gewaltrate,
bleiben davon unberührt. "Solange sich diese Situation nicht ändert,
werden auch weiterhin tausende Kinder und Jugendliche ihr Heil in der
Flucht in die USA suchen", sagt Heiko Seeger, Geschäftsführer nph
deutschland, Karlsruhe. Die eigentliche Herausforderung ist es,
hierfür Lösungsansätze zu finden. Dieser Herausforderung müssen sich
aber vor allem die Staaten Lateinamerikas stellen. Derzeit vertrauen
die Kindermigranten darauf, in den USA als Flüchtlinge anerkannt zu
werden. Sie hoffen auf das Abkommen über die Rechtsstellung von
Flüchtlingen (Genfer Flüchtlingskonvention) und das Protokoll über
die Rechtsstellung von Flüchtlingen. 145 Staaten haben die Genfer
Flüchtlingskonvention und/oder das Protokoll unterzeichnet, darunter
auch die USA. Ob und wie viele Kinderflüchtlinge die USA anerkennen
bleibt abzuwarten.
nph-Kinderdörfern bieten Schutz und Zukunftsperspektiven
Solange die vordringlichsten Herausforderungen in Lateinamerika
nicht gelöst sind, ist es gut und wichtig, dass es Organisationen wie
nuestros pequeños hermanos (nph) gibt, die sich Kindern annehmen, die
in Not sind. Viele der 3.342 Mädchen und Jungen, die in den
Kinderdörfern von nph in neun Ländern Lateinamerikas leben, teilen
die Erfahrung der Kinderflüchtlinge von Armut, Gewalt und
Kriminalität. Weil sie aber rechtzeitig in eines der Kinderdörfer
kamen, blieb ihnen eine gefährliche Reise ins Ungewisse erspart. In
den Kinderdörfern erhalten die Mädchen und Jungen nicht nur ein Dach
über dem Kopf, sondern sie werden in die große nph-Familie
integriert. Darüber hinaus erhalten sie, je nach Fähigkeiten,
Bildungschancen, durch die eine vielversprechende Zukunft möglich
wird. Cesario Lobos Fajardo jedenfalls hat seine Chance genutzt. Er
hat bis vor kurzem am nph-International Leadership Institute in
Seattle studiert und wird im nächsten Jahr sein Psychologiestudium in
Guatemala fortsetzen. "In Lateinamerika sollten wir auf lokaler Basis
bestehende Strategien weiterentwickeln und neue finden, um den
Kreislauf von Gewalt zu durchbrechen. Denn das ist der Grund dafür,
dass Kinder und ihre Eltern zu solchen extremen Maßnahmen wie der
Flucht aus dem eigenen Heimatland gezwungen sind." Der junge
Guatemalteke jedenfalls möchte mithelfen, solche Lösungen zu
erarbeiten.
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Dagmar Schneider
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