(ots) - Sind die Schotten wahnsinnig?", fragte vor einigen
Tagen "Die Zeit". Der Aufschrei ist nicht nur ein stilistischer
Trick, um die Aufmerksamkeit der Leser auf eine Frage zu lenken, die
sie zunächst nicht direkt betrifft. Sie drückt auch unser völliges
Unverständnis aus, mit dem wir auf das Referendum zur Abspaltung
Schottlands vom Vereinigten Königreich am 18. September schauen. Ein
auf der internationalen Bühne irrelevantes Schottland? Großbritannien
nur noch als angeschlagener Rumpfstaat? Eine Nato, deren
Verteidigungsstrategie mit dem angekündigten Verlust des Heimathafens
der britischen Atomflotte in guten Teilen über den Haufen geworfen
würde? Alles irgendwie nicht recht vorstellbar. Doch unsere
Vorstellung zählt bei diesem Volksentscheid nichts, bei dem auch die
Integrationskraft der europäischen Nationalstaaten auf dem Spiel
steht. Wir dürfen uns die nationalistische Bewegung in Schottland
allerdings nicht als kauzige Vereinigung ewig gestriger Kiltträger
vorstellen. Es sind gerade die jüngeren Schotten, die der
Unabhängigkeitsbewegung zugetan sind, die Mehrzahl der Künstler und
auch ein Gutteil des grünen Milieus. Sie wollen Schottland nicht in
die mittelalterliche Welt des Highlanders zurückbeamen. Sie träumen
von einer Art zweitem Norwegen, das seinen Ölreichtum auch für eine
sozialere und weniger kriegerische Politik nutzt. Ausgerechnet die
jüngste Drohgebärde aus London, Schottland im Falle der Abspaltung
das Pfund als Währung zu entziehen, scheint allerdings erstmals den
Zulauf zu den Separatisten zu stoppen. Die britische Regierung pokert
hoch. Hoffentlich hat sie damit Erfolg.
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Florian Giezewski
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