(ots) -
Seit Jahren existieren in Deutschland EU-weit verbindliche
Vorgaben für die Bundesländer zur Durchsetzung von
Verbrauchskennzeichnungsvorschriften bei Energiefressern - das
jährliche Ranking der Deutschen Umwelthilfe zum
Marktüberwachungsverhalten der Bundesländer zeigt erfreuliche
Entwicklungen im Vergleich zum Vorjahr - deckt jedoch auch Missstände
bei inhaltlichen Kontrollen auf
Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) bewertet jährlich die
tatsächliche Marktüberwachung der Landesbehörden von
Energieverbrauchsangaben bei Pkw, Haushaltselektronik und Reifen und
vergibt dafür die "Grüne", "Gelbe" und "Rote Karte". Die neuen
Ergebnisse sind jetzt veröffentlicht.
Zehn Bundesländer überprüfen zwischenzeitlich immerhin die
Einhaltung von Energieverbrauchsvorschriften, ahnden aber die
Verstöße nicht mit Ordnungsgeldern. Vier Bundesländer verweigern
weiterhin die Erfüllung ihres hoheitlichen Auftrags und erhalten
dafür von der DUH die "Rote Karte".
Mit gutem Beispiel voran gehen die beiden Bundesländer Hessen und
Rheinland-Pfalz. Sie führen nicht nur formale und inhaltliche
Kontrollen durch, sondern ahnden festgestellte Verstöße auch durch
die Verhängung von Bußgeldern. Dafür erhalten sie eine "Grüne Karte".
Besonders erfreulich ist die Verbesserung von Hessen, das sich
gegenüber der letztjährigen Umfrage um zwei Stufen von "Rot" auf
"Grün" verbessert hat. Vorbildlich entwickelt hat sich gegenüber den
Vorjahren auch die Marktüberwachung in Baden-Württemberg. Eine neu
eingerichtete Behörde startete mit mehreren tausend Überprüfungen von
Produkten sowohl bezüglich der formalen Kennzeichnungsvorschriften
als auch der inhaltlichen Vorgaben. Da sich Baden-Württemberg aber
bisher weigert, festgestellte Verstöße mit Bußgeldern zu ahnden,
reichte es trotzdem nur für eine "Gelbe Karte". Auch am Ende der
Bewertungsskala gibt es Bewegung: Verteilte die DUH in 2013 noch neun
"Rote Karten" für Bundesländer, die keine ernstzunehmende
Marktüberwachung durchführen, sind es dieses Jahr nur noch vier
Länder (Hamburg, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein),
die für Ignoranz in der Marktüberwachung stehen und gegen geltendes
Recht verstoßen.
Die Kriterien zur Vergabe der "Grünen", "Gelben" und "Roten
Karten" richten sich nach Art, Umfang und Konsequenz der behördlichen
Maßnahmen. In den ersten Jahren des Bestehens der
Energieverbrauchs-Kennzeichnungsvorschriften gab es weder zuständige
Kontrollbehörden noch amtliche Überprüfungen. Industrie und Handel
sahen dies als Einladung zur Missachtung bzw. großzügigen
Interpretation der Kennzeichnungsvorschriften an. Entsprechend
verärgert reagierten Elektrohandel, Automobilindustrie und KFZ-Handel
auf die Kontrolle durch klageberechtigte
Verbraucherschutzorganisationen wie die DUH. Von stichprobenartigen
Kontrollen und rechtlicher Verfolgung von Verbrauchertäuschung bis
hin zu gerichtlich verfügtem Stopp grober Verbrauchertäuschung zeigt
sich die Notwendigkeit behördlicher Kontrollen. Ein Beispiel sind die
falschen Spritverbrauchsangaben bei der neuen S-Klasse von
Mercedes-Benz.
"Leider verweigern die meisten Bundesländer ihren Bürgern auch
weiterhin einen wirksamen Verbraucherschutz. Während Autofahrer
selbst bei geringfügigen Parkvergehen zur Kasse gebeten werden, haben
die Landesbehörden ein großes Herz für Industrie und Handel, selbst
bei vorsätzlichen Verstößen", sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen
Resch. "In mehreren Fällen haben wir die Aufsichtsbehörden über
massive Verstöße offiziell informiert und die Verhängung von
Ordnungsstrafen gefordert - bisher ohne Erfolg. Wir werden diese
Fälle nun der EU-Kommission zur Prüfung vorlegen, da wir hier klare
Verstöße gegen EU-Recht sehen."
Die heute veröffentlichte Umfrage bringt einen weiteren Missstand
zutage: Es findet nahezu keine Überprüfung von Herstellerangaben
bezüglich Inhaltsstoffen, Energie- und Spritverbrauch oder
Umwelteigenschaften von Produkten durch die Marktüberwachungsbehörden
statt. In der Folge sind vor allem bei besonders günstigen
Aktionsprodukten die Ãœberschreitungen von Grenzwerten bzw.
Abweichungen zu den Energieverbrauchsangaben auffällig hoch und
führen zu einer unmittelbaren Schädigung des Verbrauchers,
beispielsweise durch Schadstoffe oder entstehende Mehrkosten. Auch
Wirtschaftsunternehmen, die ehrliche (und somit in der Herstellung
teurere) Produkte anbieten, erleiden dadurch einen Nachteil. Bei der
Umfrage gaben nur vier Bundesländer (Bremen, Hessen, Niedersachsen
und Thüringen) an, Produkttests zu Umwelteigenschaften bzw.
Inhaltstoffen von energieverbrauchsrelevanten Produkten durchgeführt
zu haben.
Die Wirksamkeit umweltrechtlicher Regelungen hängt maßgeblich von
ihrem ordnungsgemäßen Vollzug ab. Mit der Verweigerung der untätigen
Bundesländer, ihre Kontrollaufgaben nachzukommen, ermutigen sie
Unternehmen zu Rechtsverstößen. Hinzu kommt, dass mit einer
Marktüberwachung ohne Sanktionsdrohung kein Anreiz für Verbesserungen
geschaffen wird. Vielmehr öffnet sie einer bewussten Irreführung der
Verbraucher sowie Wettbewerbsverzerrungen die Tür.
"Der Verbraucher vertraut darauf, dass die Produkte, die in
Deutschland vertrieben werden, die gesetzlichen Vorgaben erfüllen,
kauft sie und schädigt damit die Umwelt und seinen Geldbeutel" fasst
Agnes Sauter, Leiterin Verbraucherschutz bei der DUH, zusammen. "Die
Kennzeichnungsvorschriften dienen sowohl dem Klima- als auch dem
Verbraucherschutz. Sie sollen nachhaltige Kaufentscheidungen des
Verbrauchers ´in voller Sachkenntnis´ ermöglichen und ihn auf
Produkte lenken, die bei ihrem Gebrauch am wenigsten Energie und
andere Ressourcen verbrauchen," so Sauter weiter. Die Verbraucher
seien die Leidtragenden einer unzureichenden Marktüberwachung, weil
sie ihr Kaufverhalten nicht am tatsächlichen Energieverbrauch und der
Umwelteigenschaft der Produkte ausrichten können.
Die DUH nimmt dies zum Anlass, im nächsten Jahr bei der Umfrage
die inhaltlichen Kontrollen in den Vordergrund zu stellen und die
Kriterien bei der Vergabe der Karten an die längst überfälligen
Produkttests zu knüpfen.
Die klaffenden Lücken bei der staatlichen Marktüberwachung
verzerren nach Meinung der DUH indirekt auch den Wettbewerb zwischen
Unternehmen. Neuansiedelungen von Unternehmen könnten sich an der
(Nicht-)Wahrnehmung der Kontrollaufgaben orientieren. Dadurch
entstehen Kommunen und Landkreisen Nachteile, die sich um einen
effektiven Klima- und Verbraucherschutz bemühen.
Die Ergebnisse der Umfrage sowie das Hintergrundpapier zum Thema
"Marktüberwachung umweltbezogener Verbraucherschutzregelungen" finden
Sie auch unter: http://l.duh.de/5h3xl#download
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Mobil: 0171 3649170, E-Mail:
resch(at)duh.de
Agnes Sauter, Leiterin Verbraucherschutz, Tel.: 07732 9995 11,
E-Mail: sauter(at)duh.de