(ots) - Jüngere und ältere Beschäftigte schätzen sich in
vielen Hinsichten gegenseitig falsch ein. Dies ist ein Ergebnis einer
aktuellen Umfrage im Fehlzeiten-Report 2014. "Zwischen der Generation
Y und den Babyboomern zeigen sich zwar vergleichsweise geringe
Unterschiede bei der Bewertung von Lebensbereichen und der
Arbeitsorientierung - entgegen der landläufigen Ansicht. Aber sie
haben ein falsches Bild voneinander", sagte Helmut Schröder,
stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts
der AOK (WIdO) und Mitherausgeber. Dass Generationen eng
zusammenarbeiten, wird künftig zum Erfolgsfaktor in Unternehmen. Der
Fehlzeiten-Report 2014 mit dem Titel "Erfolgreiche Unternehmen von
morgen - gesunde Zukunft heute gestalten" beschreibt deshalb unter
anderem, wie Betriebe den Herausforderungen der demografischen
Entwicklung mit rückläufigem Erwerbspersonenpotenzial bei
gleichzeitiger Alterung der Belegschaften erfolgreich begegnen
können.
Die Unternehmen sind auf gesunde Beschäftigte aller Altersgruppen
angewiesen und immer stärker auch auf ältere Beschäftigte, da das
Erwerbspersonenpotenzial in Deutschland zukünftig sinken wird.
Während dem Arbeitsmarkt im Jahr 2013 noch ca. 45 Mio. Personen zur
Verfügung standen, werden es im Jahr 2030 bereits 5 Mio. Personen
weniger sein.
Parallel zu dieser Entwicklung wird der Anteil der Beschäftigten
über 50 Jahre immer weiter zunehmen. Seit 1990 ist der Anteil der
über 50-Jährigen von 23 Prozent auf heute 31 Prozent angestiegen. Es
ist davon auszugehen, dass der Scheitelpunkt in den Jahren 2022/23
mit knapp 37 Prozent erreicht wird, um dann auf vergleichsweise hohem
Niveau zu stagnieren. "Die Beschäftigten über 50 Jahre werden
zukünftig einen wesentlichen Anteil an den Belegschaften ausmachen",
sagte Schröder.
Die Verteilung stellt sich regional, sektoral und nach
Berufsgruppen unterschiedlich dar. Besonders geringe Anteile über
50-Jähriger Mitarbeiter finden sich im Bereich Information und
Kommunikation (21 Prozent), in der Baubranche (23 Prozent) sowie im
Handel (25 Prozent). Dagegen hatten die Betriebe der Öffentlichen
Verwaltung/Sozialversicherung und des Bereichs
Bergbau/Energie/Wasserversorgung im Jahr 2011 Anteile Älterer von 38
bzw. 34 Prozent.
Der Anstieg war in den letzten zehn Jahren besonders hoch bei den
Gesundheitsberufen (+73 Prozent oder +259.200 Beschäftigte ab 50
Jahre), den Elektroberufen (+72 Prozent, bzw. +67.500 Beschäftigte),
der Chemie- und Kunststoffbranche (+64 Prozent, bzw. +37.800
Beschäftigte) und den Sozial- und Erziehungsberufen (+59 Prozent,
bzw. +286.400 Beschäftigte).
Gleichzeitig zeigt der Fehlzeiten-Report aber auch, dass ältere
Beschäftigte vergleichsweise viele Fehlzeiten haben. "Jüngere
Beschäftigte sind häufiger mit wenigen Tagen krank. Mit zunehmendem
Alter nimmt dann zwar die Anzahl der Krankschreibungen ab, aber
gleichzeitig steigt deren Dauer. So liegt in der Gruppe der 30- bis
34-Jährigen der Durchschnitt bei 8,6 Fehltagen pro Fall. Bei den 60-
bis 64-Jährigen sind dies bereits 21,6 Tage. Dies geht vor allem auf
einen Anstieg der Herz-/Kreislauferkrankungen und
Muskel-/Skeletterkrankungen zurück", so Schröder.
Obwohl die ältere Erwerbsbevölkerung über 50 Jahre im Jahr 2013
nicht einmal ein Drittel der Belegschaften ausmachte, führten deren
gesundheitliche Belastungen zu Fehlzeiten, die rund 46 Prozent der
Kosten der ausgefallenen Bruttowertschöpfung verursachten. Dies
entspricht einem Verlust der Arbeitsproduktivität von 42,6 Milliarden
Euro.
Um zu verstehen, wie sich die verschiedenen Generationen im
Hinblick auf Arbeitsorientierung und Lebensziele unterscheiden und
gegenseitig wahrnehmen, hat das WIdO exemplarisch die Generation Y
(die heute 15- bis 30-Jährigen) und die Babyboomer (die heute 50- bis
65-Jährigen) befragt. Die bundesweite repräsentative Telefonbefragung
von 2.011 Erwerbstätigen erfolgte Januar bis Februar dieses Jahres.
Dabei zeigten sich im Generationenvergleich überraschenderweise
vor allem Gemeinsamkeiten. So werden beispielsweise ein sicherer
Arbeitsplatz und eine Arbeit, die Spaß macht, von fast allen
Angehörigen beider Generationen als wichtig eingeschätzt, genauso wie
wertvolle Arbeitsinhalte und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Als weniger wichtig wird hingegen von beiden Generationen
gleichermaßen der Bereich Karriere und Prestige wie ein hohes
Einkommen und die Ausübung eines angesehenen Berufs beurteilt. Ein
weiteres Ergebnis ist, dass sich die Generationen trotz der
Gemeinsamkeiten gegenseitig falsch einschätzen. So überschätzt die
ältere Generation vor allem die Bedeutung von flexiblen
Arbeitszeiten, eines hohen Einkommens und von Aufstiegsmöglichkeiten
für die Generation Y. Sie unterschätzt dagegen das Bedürfnis der
Jüngeren, einen Beruf auszuüben, um anderen helfen zu können oder
etwas Nützliches für die Allgemeinheit zu tun, und nach sicheren
Arbeitsplätzen.
Auch die Jüngeren stecken umgekehrt die Babyboomer in die falsche
Schublade: Sie unterschätzen deren Bedürfnis nach einer Arbeit, die
Spaß macht, nach Aufstiegsmöglichkeiten, nach Autonomie bei der
Arbeit, anderen helfen zu können und nach flexiblen Arbeitszeiten.
"Diese Fehleinschätzung könnte einer Zusammenarbeit der Generationen
im Wege stehen. Dagegen helfen können altersgemischte Teams und
generationengerechtes Führen in den Unternehmen, um Vorurteile
abzubauen. Dies würde gleichzeitig auch den dringend nötigen
Wissenstransfer der Berufserfahrenen zu den nachrückenden
Generationen erhöhen", erklärte Schröder. Im Fehlzeiten-Report wird
auch über den Einsatz von Demografieberatern der AOK berichtet, die
im Rahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung die Unternehmen
dabei unterstützen. "Für die Betriebe lohnt sich das Engagement, weil
sie damit die Produktivität verbessern und ihre Arbeitskräfte an sich
binden und damit dem Fachkräftemangel vorbeugen", sagte Schröder.
Der Fehlzeiten-Report, der wie jedes Jahr auch aktuelle Daten und
Analysen zu den krankheitsbedingten Fehlzeiten in der deutschen
Wirtschaft enthält, wird vom WIdO in Kooperation mit der Universität
Bielefeld und der Beuth Hochschule für Technik Berlin publiziert und
erscheint unter dem Dach von Springer Medizin.
Badura/Ducki/Schröder/Klose/Meyer (Hrsg.): Fehlzeiten-Report 2014,
Schwerpunktthema: Erfolgreiche Unternehmen von morgen - gesunde
Zukunft heute gestalten; Berlin 2014; 575 Seiten, 139 Abb., 222 Tab.,
broschiert, 54,99 EUR; ISBN 978-3-662-43530-4
Informationen zum Fehlzeiten-Report gibt es im Internet unter:
http://wido.de/fzr_2014.html, weitere Hintergründe und Zahlen zum
Fehlzeiten-Report 2014 auch in der aktuellen Themenausgabe 05/14 des
AOK-Medienservice (ams) unter:
http://www.aok-bv.de/presse/medienservice/thema/index_12404.html
Pressekontakt:
Nils Franke
presse(at)wido.bv.aok.de
Tel.: 030 34646-2298
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