(ots) - Reinhold Mitterlehner zögert nicht lange. Das tat er
nicht, als am Dienstag Michael Spindelegger zurückgetreten war, da
trat er forsch nach vorne und bewies Initiative und
Führungskompetenz. Er signalisierte: "Ich will." So überzeugte er
auch den Parteivorstand. Die Entscheidung, ihn zum neuen ÖVP-Obmann
zu machen, erfolgte geschlossen, und Mitterlehner gab niemandem das
Gefühl, nur Lückenbüßer oder Übergangskandidat zu sein. Er hat Ziele
und eine Idee, wie er dort hinkommen kann. Jetzt muss er noch die
Partei mitnehmen.
Mitterlehner zögerte auch nicht lange, das Finanzministerium neu
zu besetzen und sich einen Staatssekretär ins eigene Ressort zu
holen. Am Freitag war klar: Hans-Jörg Schelling ist der Favorit für
das Finanzministerium, Harald Mahrer soll Staatssekretär im
Wirtschafts- und Wissenschaftsressort werden. Das wären ungewöhnliche
Entscheidungen, beide sind keine klassischen Politiker, wenn auch mit
dem Politikumfeld vertraut. In der Partei sorgte das umgehend für
Irritationen und Diskussionen, sofort wurde nachgeforscht, welchen
Seilschaften Schelling und Mahrer zuzuordnen sind, wo ihr Platz in
der Familie ist. Klar ist: Beide kommen aus dem Wirtschaftsbund, das
verwundert bei Mitterlehner wenig.
Schelling ist Chef des Hauptverbands der
Sozialversicherungsträger, er ist in der österreichischen Landschaft
quer durch Politik, Wirtschaft und Medien gut vernetzt.
Managementqualitäten spricht ihm niemand ab. Außerdem ist er
Schnurrbartträger, das sticht ins Auge. Mahrer ist Unternehmer,
Publizist und Präsident der Julius-Raab-Stiftung, einer Eliteschmiede
der ÖVP. Er hat einen ausgeprägten Hang zur Selbstdarstellung mit
schnöselhafter Anmutung. Da könnte er seinem möglichen Chef, dem
Eitelkeit selbst nicht ganz fremd ist, noch in die Quere kommen.
Während Mahrer als repräsentativer Staatssekretär in der Politik
nur eine untergeordnete Rolle spielen würde, käme Schelling als
Finanzminister eine zentrale Position in der Regierung zu: Der
verwaltet das Geld, erstellt das Budget und wird wohl auch die
Ausgestaltung der Steuerreform maßgeblich mitbestimmen. Schelling ist
jedenfalls - gemeinsam mit Mitterlehner - mehr Pragmatismus und
Flexibilität zuzutrauen, als das zuletzt unter Spindelegger der Fall
war.
Die geplante Bestellung von Schelling hat aber auch heikle
Aspekte: Schelling ist derzeit noch Aufsichtsratsvorsitzender der
Österreichischen Volksbanken-AG (ÖVAG), die sich demnächst beim
Finanzminister um eine Finanzspritze anstellen könnte, um eine
kolportierte Kapitallücke in der Größenordnung von 600 bis 800
Millionen Euro zu schließen. Eine seltsame Perspektive.
Am Sonntag will Mitterlehner vor die Öffentlichkeit treten und
seine Entscheidung offiziell bekanntgeben. Bis dahin muss er mit
seinem Personalwunsch noch die Tour durch die Länder und Bünde
machen. Da wird sich zeigen, ob er Chef der Partei ist oder an ihrem
Gängelband hängt.
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