(ots) - Endlich haben sich die Vereinigten Staaten zusammen
mit einigen Verbündeten dazu entschlossen, auch in Syrien mit
massiven Luftschlägen gegen das sich immer weiter ausbreitende Übel
der Terrormiliz Islamischer Staat vorzugehen. Eine leider späte
Einsicht, aber zweifellos unumgänglich.
Dass US-Präsident Barack Obama - anders als im Falle Nordirak -
sich erst jetzt dazu durchringen konnte, direkt in den syrischen
Bürgerkrieg einzugreifen, hat mit komplizierten militärischen und
politischen Konstellationen in der Region zu tun. Die archaischen
Gesellschaftsvorstellungen anhängende Verbrecherbande des IS, die ihr
gottloses Morden und Brandschatzen fälschlicherweise mit der Religion
begründet, hat nach dem Auseinanderbrechen der Staatlichkeit Iraks
und Syriens vor Ort keinen ihr militärisch gewachsenen Gegner mehr.
Deshalb kann IS nur durch internationales Eingreifen gestoppt werden,
will man ihn nicht gewähren lassen so wie schändlicherweise einst die
Roten Khmer in Kambodscha, die Hutus in Ruanda oder die Taliban in
Afghanistan.
Dass sich US-Präsident Obama mit dem Marschbefehl so schwer so
getan hat, hängt unter anderem damit zusammen, dass sich die Aktion
am Ende paradoxerweise gegen die langfristigen Interessen seiner
Verbündeten in der Region und zum Nutzen der Gegner US-Amerikas
auswirken wird. Aus unterschiedlichen Gründen gehören Staaten wie die
Türkei, Saudi-Arabien oder Katar zu den heimlichen Paten des IS. Ohne
deren Wohlwollen und tätige Hilfe hätte sich die Terrormiliz nie in
so kurzer Zeit zu solcher Schlagkraft entwickeln können. Doch Politik
kann zynisch sein: Um sich nicht erneut dem propagandistischen
Vorwurf aussetzen zu müssen, der Krieg gegen den selbst ernannten
Islamischen Staat sei ein Angriff des Westens gegen die islamische
Welt, hat Washington auch Saudi-Arabien und Katar zur Kriegsteilnahme
genötigt. Nicht zuletzt diese Koalition zu schmieden und politische
Gegner wie das Assad-Regime oder die Mullahs in Teheran als
potenzielle Nutznießer vom Kampf gegen IS nicht allzu sehr
profitieren zu lassen, hat einiges an Zeit und höchstes
diplomatisches Geschick des US-Außenministers John Kerry gekostet.
Allein mit Luftschlägen allerdings wird man dem Übel dieser
Menschenschlächter im Gewand pseudo-religiöser Eiferer auch in Syrien
nicht Herr werden können. Da Washington mit Präsident BAshar al-
Assad trotz einschlägiger Angebote nicht zusammenarbeiten will, wird
die US-Regierung kaum umhin kommen, wie im Irak die kurdischen
Peschmerga zu stärken - gegen den Willen und das Agieren des engen
Nato-Partners Türkei.
Die Frage kurdischer Autonomie oder gar Staatlichkeit für deren
Angehörige zumindest in Irak, Syrien und der Türkei drängt sich damit
als nächstes Krisenszenario auf die internationale Tagesordnung. Das
Machtgefüge im Nahen Osten sortiert sich gerade dramatisch neu.
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Kölnische Rundschau
Engelbert Greis
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