(ots) - Nicht explodierte Munition von NATO-Truppen und
der Bundeswehr ist zunehmend eine Gefahr für die Zivilbevölkerung in
Afghanistan. Nach Recherchen des ARD-Magazins "Panorama" (Sendung:
Donnerstag, 25. September, 21.45 Uhr, Das Erste) wurden auch
stillgelegte NATO-Trainingsgelände, die unter der Verantwortung der
Bundeswehr standen, offenbar nicht tiefgründig geräumt. Da die Areale
oft nicht abgesperrt sind, sind explosionsfähige Blindgänger damit
frei zugänglich und ein Risiko, insbesondere für spielende Kinder.
Unabhängige Prüfer im Auftrag des US-Militärs entdeckten auf der
Schießbahn "Wadi" in der Nähe von Kundus allein durch Sichtkontrolle
rund 100 Blindgänger an der Oberfläche. Das Gutachten liegt
"Panorama" vor. Darin heißt es auch, dass das frühere
Trainingsgelände unter der Verantwortung der Bundeswehr dringend im
Untergrund geräumt werden müsse, um Gefahren für die Menschen vor Ort
auszuschließen. Schon während die deutschen Soldaten auf der
Schießbahn "Wadi" noch trainierten, wurden dem Bericht zufolge zwölf
Afghanen durch liegengelassene Blindgänger zum Teil schwer verletzt.
Das Feldlager Kundus wurde bereits im Oktober 2013 geschlossen.
Erst durch eine Anfrage von "Panorama" erfuhr die Bundeswehr nun von
dem Gutachten und hat eine Kopie angefordert. Man werte dieses noch
fachlich aus, eine Stellungnahme sei deshalb noch nicht möglich.
Unfälle auf der Schießbahn "Wadi" seien der Bundeswehr bisher nicht
bekannt. Während des Einsatzes in Afghanistan habe es nur einen
einzigen Unfall auf einem deutschen Trainingsgelände gegeben: In der
Nähe des OP North bei Baglan sei ein Junge getötet, ein anderer
schwer verletzt worden.
Eine NATO-Richtlinie schreibt vor, in einem dreistufigen Verfahren
zunächst die Oberfläche abzusuchen, dann oberflächlich Munition
aufzuräumen und danach zu prüfen, ob und welche Teile der Schießbahn
auch im Untergrund geräumt werden müssen.
Die Bundeswehr erklärte "Panorama" dazu, dass stillgelegte
Schießbahnen grundsätzlich durch Fachpersonal an der Oberfläche
geräumt würden - so sei dies auch bei der Schießbahn "Wadi"
geschehen. Für eine weitere Räumung - etwa im Untergrund - sei das
ISAF Joint Command in Kabul zuständig. Dort weist man dies allerdings
zurück und teilt auf Nachfrage mit, dass alle ISAF-Nationen ihre
Trainingsgelände entweder selbst vollständig räumen oder eine private
Firma mit der Räumung beauftragen müssen. Das ist im Fall der
Schießbahn "Wadi" offenbar nicht passiert.
Die Bundeswehr kann wegen der Sicherheitslage nicht nach Kundus
zurück, um das Gelände nachträglich selbst zu räumen.
Laut UN sind in den vergangenen Jahren mehr als 30 Menschen durch
Blindgänger getötet und mehr als 80 verletzt worden. Vier von fünf
Opfern sind Kinder und Jugendliche. Der Großteil der Unfälle
geschieht auf früheren Trainingsgeländen des US-Militärs. Die UN
drängt die NATO deshalb schon seit Anfang 2013, sich des Problems
anzunehmen. Die NATO habe Gefahren durch Blindgänger zu lange
ignoriert, betonte Georgette Gagnon, Direktorin der
Menschenrechtsabteilung der UN-Mission in Kabul (UNAMA), gegenüber
"Panorama".
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